Blake Crouch: “Dark Matter – Der Zeitenläufer”

Blake Crouch: “Dark Matter – Der Zeitenläufer”

Im letzten Literatur-Spiegel wurde dieses Buch mit den Worten, dass man nach der Lektüre das Gefühl habe, die Quantentheorie verstanden zu haben, vorgestellt.

Zufällig fiel mir kurz darauf “Dark Matter” in die Hände und da ich gerade eine stressige Woche vor mir hatte, einmal keine Gegenwartsliteratur lesen wollte und etwas brauchte, bei dem ich mich nicht so konzentrieren musste, dachte ich: Ich brauche gerade etwas Spannendes, von Quantentheorie habe ich keine Ahnung, dann lese ich das doch mal.
Und siehe da: Ich habe mich gut unterhalten.

Jason Dessen lebt mit seiner Frau Daniela und seinem Sohn Charlie in Chicago, unterrichtet Physik mit dem Schwerpunkt Quantenmechanik an einem College und ist glücklich. Seine Familie bedeutet ihm alles, doch manchmal fragt er sich schon, was geschehen wäre, wenn er seinen  Lebensschwerpunkt auf die Karriere gelegt hätte. Wie sein ehemaliger Studienkollege Ryan, der soeben den renommierten Pavia-Preis erhalten hat.
Jason weiß tief im Inneren, dass er diesen Preis selbst bekommen hätte, wenn er sich für ein anderes Leben entschieden hätte und auch seine Frau ist dieser Meinung.

Als Jason und Daniela sich kennen lernten, war sie ein aufstrebender Stern in der Kunstszene Chicagos. Auch sie hätte eine großartige Karriere hingelegt, wäre sie nicht schwanger geworden. Nun unterrichtet sie Kunst an einer Schule.
Aber auch Daniela bereut ihre Entscheidung nicht, sie ist glücklich eine Familie zu haben.

Doch das Glück endet abrupt, zumindest für Jason.
Als er eines Abends Eis im Supermarkt besorgen möchte, wird er von einem Mann mit einer Maske niedergeschlagen und zu einem abgelegenen Ort gebracht. Dort werden ihm Drogen verabreicht und als er erwacht, findet er sich in einer Umgebung wieder, die ihm vollkommen unbekannt ist.

Er wird von Männern in Schutzanzügen versorgt und alle scheinen sich zu freuen, dass er wieder da ist. Er sei der Einzige, der je zurückgekehrt sei. Jason kennt keinen dieser Menschen, doch alle scheinen ihn zu kennen und ihn zu bewundern.
Was wird hier gespielt?

Hier kommt das wissenschaftliche Thema des Romans ins Spiel. Denn es geht es um die Theorie, dass unsere Welt nur eine von vielen ist. Viele Astrophysiker glauben, dass es eine Materie geben muß, die unsere Welt am Laufen hält: Die Dunkle Materie, die ein Hinweis darauf sein könnte, dass neben unsere Welt Parallelwelten (das Multiversum) existieren könnten.

Des Weiteren spielt auch die “Viele-Welten-Theorie” der Quantenmechanik eine Rolle, die besagt, dass ein Zustand sich erst durch unsere Beobachtung ändert.
Da wir ständig etwas beobachten, spaltet sich unsere Welt andauernd und es ergeben sich jedes Mal neue Universen in einer unendlichen Anzahl, in denen dann auch alles passiert, was passieren kann. Ein Beispiel für diese Theorie ist das Gedankenexperiment “Schrödingers Katze”.
Das ist jetzt natürlich alles sehr laienhaft, aber ich bin ja schließlich kein Naturwissenschaftler, gebe nur das weiter, was im Roman steht und erhebe keinerlei Anspruch auf vollkommene Richtigkeit.

Jason jedenfalls hat gerade eine Welt dieses Multiversums betreten, in welcher er sich für die Karriere entschieden, Daniela nie getroffen und daher auch keinen Sohn namens Charlie hat.
Er wird allerdings noch viele verschiedene Welten entdecken. Welten, in denen er zum Beispiel zwar geheiratet und ein Kind bekommen hat, aber dann gestorben ist. Oder eine Welt, in welcher Chicago von einer Seuche heimgesucht wurde, die fast alle dahinraffte.
Wird er jemals wieder in seine “echte” Welt zurückfinden?

Für meine Bedürfnisse hätte das Ganze gerne noch etwas wissenschaftlicher sein können und die Ausführungen darüber, wie wichtig Jason doch seine Familie ist, hatte ich schon bei der ersten Anmerkung verstanden. Da hätte es nicht so viele Holzhammer-Szenen gebraucht. Sprachlich ist dieser Krimi sicherlich keine Weltliteratur, aber den Anspruch erhebt dieses Buch auch gar nicht.

Manchmal hat mich dieses Buch ein bisschen an den Film “Inception” erinnert, wobei die Protagonisten dort in die Träume anderer eintauchen. Das Buch ist überhaupt sehr filmisch konzipiert, was daher kommen mag, dass der Autor zum Beispiel auch die Romangrundlage für die Serie “Wayward Pines” (die ganz ok war, der es allerdings meines Erachtens nach, an Tiefe fehlte) geschrieben hat.
Die Filmrechte von “Dark Matter” jedenfalls sind bereits an Sony-Pictures verkauft worden und auch ich kann mir eine Verfilmung sehr gut vorstellen.

Insgesamt habe ich von “Dark Matter” genau das bekommen, was ich erwartet und erhofft hatte: Einen spannenden Roman, den man einfach so weglesen kann und sich dabei gut unterhalten fühlt. Das ist doch prima.

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ISBN:  978-3-442-48397-6
Verlag: Goldmann
Erscheinungsjahr: 2019
Übersetzung: Klaus Berr
Preis: 10,00 €

Die Paperback-Ausgabe dieses Romans ist 2017 bei Goldmann erschienen.


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11 thoughts on “Blake Crouch: “Dark Matter – Der Zeitenläufer”
Buchstabenträumerin

Liebe Friederike,
das Thema klingt wirklich spannend! Wahrscheinlich würde ich mir auch etwas mehr WIssenschaft neben der Geschichte wünschen, doch grundsätzlich hast du mich nun sehr neugierig gemacht 🙂
Liebe Grüße,
Anna

Friederike

Liebe Anna,

prima, das freut mich. Ich mag Romane/Krimis in welchen man noch etwas über den Roman hinaus für sich mitnehmen kann sehr. Wenn sie gut geschrieben sind.
„Lebt“ von Orkun Ertener zum Beispiel (https://www.diebuchbloggerin.de/orkun-ertener-lebt/), in dem es um die Dönme geht, hat mich fasziniert oder auch „Die tausend Herbste des Jakob de Zoet“ – ich hätte nie gedacht, dass japanische Geschichte so spannend sein kann :).

Viele Grüße,
Friederike

Chris

Vielen lieben Dank für deine Rezension. Ich stand gerade in einer Buchhandlung und habe das Buch zufällig gesehen. Der Story interessierte mich sofort, aber ich war mir noch nicht ganz sicher, ob ich es kaufen sollte. Dank deinem Beitrag bin ich mir nun sicher, dass ich es kaufen werden.
Viele Grüße aus Stralsund.

    Chris

    hrrr, DIE Story natürlich.

    Friederike

    Lieber Chris,

    prima, das freut mich sehr.
    Ich wünsche Dir viel Spaß beim Lesen!

    Viele Grüße,
    Friederike

Sabrina

Hallo Friederike,

ich bin die, die heute „Tess“ und „Auf der Placa del Diamant“ gekauft hat 🙂 Ich habe gleich mal deinen Blog ein bisschen durchstöbert, gefällt mir sehr sehr gut und ich glaube, hier kann ich mir noch ein paar Tipps holen. „Dark Matter“ hat mir mein Vater vor ein paar Tagen in die Hand gedrückt, jetzt bin ich doch mal gespannt auf das Buch.

Viele Grüße
Sabrina

Friederike

Ciao Sabrina,

vielen Dank! ich wünsche Dir ganz viel Freude mit „Tess“ der „Placa“ und bin sehr gespannt, was Du zu „Dark Matter“ sagen wirst. Was hat denn Dein Vater zu diesem Buch gemeint?

Viele Grüße,
Friederike

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Det

Hab es gerade ausgelesen und bin zufällig auf diese Rezension gestoßen. Finde sie sehr treffend.

Nur die Kategorisierung als „Krimi“ kann ich nicht nachvollziehen, da verstehe ich dann doch was anderes drunter.

Dieter G. Luxnat

Mal wieder ein Beispiel, dass Titel irreführend sein können, genauer gesagt schlicht falsch. Im Buch Seite 355 steht eindeutig: “ … der Würfel kann einen nicht in die Vergangenheit oder in die Zukunft bringen. Er verbindet einzig alle möglichen Welten im selben Augenblick, …“. Also der Titel muss korrekt „Der Weltenläufer“ heißen, da es sich ja nicht um Zeitreisen handelt.
OK, – zu spät – ist ja gelaufen. Zudem fand ich es nicht sonderlich spannend und zum Schluss hin eher chaotisch dumm. Außerdem ist das Parallelwelt-Thema schon in den 90gern als Fernsehserie gelaufen. > EIn Student und sein Prof bauen eine Maschine und beim Erstversuch reißen sie eine Studentin und einen Taxifahrer mit. Und nun reisen die Vier jedesmal ins Ungewisse. < War eine interessante TV-Serie, aber wie bei allen Serien gingen nach einer Weile die guten Ideen aus und es wurde einfach nur schal und dumm.

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