Bis vor Kurzem steckte ich in einer absoluten Leseflaute. Nichts wollte mir gefallen. Drei Bücher, auf die ich mich eigentlich gefreut hatte, hatte ich bereits abgebrochen. Ein für mich sehr ungewöhnlicher Zustand, denn normalerweise lese ich die Bücher, die ich angefangen habe auch fertig.
Dann griff ich zu “Auerhaus”, war mitten drin im Lesefluß und habe bis zum späten Nachmittag durchgelesen. Wunderbar!
Darum geht es: Frieder lebt in den 80er Jahren auf dem Lande, irgendwo im Süden Deutschlands zwischen Ulm und Stuttgart. Seine Eltern haben Landwirtschaft und deshalb wird Frieder von allen nur “Der Bauer” genannt.
Dabei ist er das ganz und gar nicht, denn Frieder denkt sehr viel nach und hat mit der Landwirtschaft auch sonst nicht viel am Hut.
Klar hilft er zu Hause, aber es macht ihm zu schaffen, dass seine Eltern zwar stolz darauf sind, dass er aufs Gymnasium geht, aber nicht verstehen zu scheinen, was er macht und wie er denkt.
Abend für Abend hat er nun von den Schlaftabletten seiner Mutter ein paar Pillen abgezweigt, bis ihm sein Vorrat als genügend erschien und er die Tabletten schluckte. Man fand ihn rechtzeitig und nun sitzt Frieder in der örtlichen Psychiatrie. Sein bester Freund, mit dem er gemeinsam ins Gymnasium geht, besucht ihn und als Frieder entlassen wird, rät man ihm dazu nicht mehr bei seinen Eltern zu wohnen.
Im Dorf selbst steht das Haus von Frieders Opa schon lange leer und so beschließen die beiden dort einzuziehen und eine Dorf-WG zu gründen. Vera und Cäcilia (sie kommt aus sehr einem behütetem Hause) ziehen mit ein und es funktioniert wunderbar. Sie alle passen auf, dass Frieder keine Dummheiten macht.
Klar, die macht er nach wie vor, aber in einem ganz anderen Kontext: Da das Haushaltsgeld manchmal nicht für die Einkäufe reicht, klaut Frieder ab und an etwas “Sinnvolles” dazu (Vera hingegen klaut nur sinnlose Dinge) und dass er ab und an erwischt wird, scheint ihm nichts auszumachen.
Nach und nach kommen immer mehr Leute “vorbei” und manch einer nistet sich auch ganz ein, nur eins ist absehbar: Innerhalb eines Jahres werden sie alle das Abitur haben und dann wird es mit der schönen Zeit im Auerhaus sein Ende nehmen…oder wird das vielleicht schon früher der Fall sein?
Auerhaus ist ein wunderbares Buch vom Erwachsenwerden in einer Zeit, in welcher es noch kein Handy und kein Facebook gegeben hat. Es ist ein Roman vom letzten Sommer der Schulzeit, vom Überschwang, von der ersten Liebe, vom Abenteuer und vor allem von der Freundschaft.
Es ist ein Buch, in das man sich einfach fallen lassen und genießen kann – sich zurückversetzt fühlt in die Zeit, als man selbst 18 gewesen ist, die Zeit des Unsinns und vielleicht die Zeit die man später einmal als “Die beste Zeit meines Lebens” bezeichnen wird.
Hätte es bei uns im Dorf damals ein “Auerhaus” gegeben, wäre ich sehr gerne dort eingezogen.
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ISBN: 978-3-7466-3238-4
Verlag: Aufbau
Erscheinungsjahr: 2017
Seiten: 240
Preis: 9,99 €
Die gebundene Ausgabe dieses Titels ist 2015 bei Blumenbar erschienen.
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Die Gedankenlabyrintherin hat „Auerhaus“ übrigens ebenfalls mit Begeisterung gelesen.
3 thoughts on “Bov Bjerg: „Auerhaus“”