Der Literatur-SPIEGEL im April 2016 – Meine Highlights

Der Literatur-SPIEGEL im April 2016 – Meine Highlights

In dieser Ausgabe des Literatur-Spiegels sind wieder einige spannende Lese-Anregungen zu finden und nachdem ich den Artikel über Jane Gardam gelesen habe, weiß ich jetzt, dass ich um die Lektüre des ersten Teils der Trilogie (“Ein untadeliger Mann”) wohl doch nicht herumkomme.

Die Titelseite gehört jedoch einem Anderen – dem polarisierenden Kritiker und Schriftsteller Maxim Biller.

Maxim Biller: “Biografie”

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Bevor ich die erste Sendung des neuen Literarischen Quartetts gesehen hatte, kannte ich Maxim Biller nur als Autor und hatte gar keine Idee von seiner Person. Vielleicht hätte ich es dabei belassen sollen, denn seine Auftritte als Fernsehkritiker haben bei mir einen nicht sehr positiven Nachgeschmack hinterlassen.
Nun allerdings tritt Maxim Biller wieder als Autor in Erscheinung, er der “ […] seit Jahrzehnten in aller Großmäuligkeit den großen zeitgenössischen Roman” fordert (so Nils Minkmar im Literatur-Spiegel). Hat er ihn nun am Ende selbst geschrieben?

Groß im Sinne von “umfangreich” ist sein Roman, der den Titel “Biografie” trägt, mit knapp 900 auf jeden Fall. Aber um was geht es eigentlich?
“Biografie” ist die verrückte Geschichte von Soli und Noah, beste Freunde und seit ihrer Bar-Mizwa in der Hamburger Synagoge im Jahr 1976 auch quasi Brüder. Verbunden sind sie durch ihre Herkunft, ihren Humor und durch ihre sexuellen Fantasien, die zum Teil sehr bizzarer Natur sind. Zusammen werden sie nun in eine Entführungs- bzw. Erpressungsstory globalen Ausmaßes verstrickt.

Andere Autoren, wie zum Beispiel Elfriede Jelinek und Etgar Keret, zeigen sich sehr begeistert und Daniel Kehlmann sagt: “Maxim Biller kann schreiben. Mein Gott, und wie! „Biografie“ ist der große deutsche, jüdische Roman, auf den wir gewartet haben: Wütend, traurig, episch, melancholisch und sehr witzig. Lesen Sie „Biografie“ – wirklich, lesen Sie das!”
Nils Minkmars (Der Spiegel) Kritik fällt wesentlich differenzierter und weit weniger begeistert aus. “Kein glaubwürdiger Erzählfaden lotst einen durch das nervenzerrende Getöse dieser irdischen Komödie. Die Figuren zappeln, grinsen und zwinkern wie ein ganzer Kindergeburtstag auf fritz-kola.”
Dennoch gäbe es sehr berührende Stellen im Roman und dieses Buch beinhalte einfach alles. “Ein Meisterwerk und auch das Gegenteil davon”.

Allerdings sei es so, dass Maxim Biller sein Meisterwerk bereits geschrieben habe. Vor Jahren schon. Seinen Roman “Esra”. Das Drama um dieses Buch ist groß, denn da es intime Details der unglücklichen Liebe des Schriftstellers zu einer in Deutschland lebenden Türkin enthielt, wurde die Veröffentlichung untersagt.
Was kann es für einen Schriftsteller Schlimmeres geben, als einen Text verfasst zu haben, den keiner lesen darf. Besonders, wenn es sich nicht um irgendeinen Text handelt, sondern um sein Meisterstück. Ich stelle mir das furchtbar vor und vielleicht hat dieses Ereignis dazu geführt, dass er so hart kritisiert, dass er seine öffentliche Rolle eben so spielt, wie er er sie spielt. Aber das ist jetzt nur reine Spekulation. Hier geht es ja eigentlich nicht um Biller als Person, sondern um sein neues Werk.

Ab dem 30.März können wir uns selbst ein Bild von “Biografie” machen und wer nicht warten kann, der kann hier bereits einen Auszug lesen.

» Zum Interview mit Maxim Biller in der ZEIT

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Jane Gardam: “Eine treue Frau”

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Die Britin Jane Gardam hat bereits etliche Bücher geschrieben, doch mit “Ein untadeliger Mann” gelang ihr auch in Deutschland der Durchbruch. Nun ist der zweite Teil der Trilogie erschienen, in der es um das Leben des Kronanwalts Edward Feathers, um seine Frau Betty und im dritten Band schließlich um einen weiteren Anwalt geht, der mit Edward verfeindet ist.

Jeder, den ich bisher zum ersten Buch befragt habe, hat sich begeistert geäußert und auch Claudia Voigt (Der Spiegel) ist ebenfalls sehr angetan. Sie attestiert Jane Gardam die “Subtiliät einer Jane Austen” und schreibt, dass die Bücher Gardams zu jenen gehören, nach denen sich jeder sehnt, der gerne liest.
Ich habe bisher noch nichts von dieser Autorin gelesen und es scheint so, als müsse ich dies schleunigst nachholen.

Gérard von Sounds & Books hat “Ein untadeliger Mann” besprochen und Simone von Papiergeflüster hat “Eine treue Frau“ bereits gelesen.

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Juli Zeh: “Unterleuten”

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Für mich ist “Unterleuten” eines der besten Bücher des Frühjahres. Ich bin restlos begeistert und mir sehr sicher, dass Juli Zeh mit diesem Buch der Sprung auf die Longlist des deutschen Buchpreises 2016 gelingen wird.

Es geht um ein kleines Dorf in Brandenburg, in dem Alteingesessene und neu hinzu gezogene Berliner aufeinanderprallen, als es um die Frage geht, ob eine Windkraftanlage aufgestellt werden soll, oder nicht.

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David Vann: “Aquarium”

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David Vann zählt zu jenen Autoren, die ich schon immer einmal lesen wollte. “Im Schatten des Vaters” liegt auch hier schon parat, denn wie Claudia Voigt (Der Spiegel) schriebt, überstrahlt Vanns schlichte poetische Sprache und seine erzählerische Kraft vieles, was in der heutigen Zeit geschrieben wird.

In “Aquarium” geht es um Caitlin, die mit ihrer Mutter alleine in einem Vorort von Seattle lebt.
Nach der Schule geht sie immer ins Aquarium und wartet dort, denn ihre Mutter holt sie abends nach der Arbeit ab. Caitlin liebt Fische und Aquarien und trifft schließlich auf einen Herren, dem es ebenso geht.
Dass ausgerechnet dieser Herr etwas mit der Vergangenheit ihrer Mutter, die jene verzweifelt tot zu schweigen versucht, zu tun hat, ist ein schicksalhafter Zufall.

Das klingt sehr lesenswert.

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Ali Smith: “Beides sein”

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Ali Smith ist eine schottische Schriftstellerin, die bereits zwei Mal auf der Shortlist des Booker Prize zu finden war. Vor Jahren habe ich ihren Roman “Die Zufällige” gelesen und weiß noch, dass mir dieser sehr gut gefallen hat.
Nun hat sie ein neues Buch vorgelegt.

In “Beides sein” geht es um das zwei Personen, deren Dasein 500 Jahre auseinander liegt.
Zum einen ist da George, ein 16jähriges Mädchen, das in der heutigen Zeit lebt und das erfahren muß, wie es ist, einen Elternteil zu verlieren.
Gemeinsam mit der Mutter hat sie vor Jahren in Ferrara die Fresken des Renaissancekünstlers Francescho del Cossa, von dem die Mutter sehr fasziniert gewesen ist, besichtigt und erinnert sich nun zurück an diese Zeit.
Im zweiten Teil des Romans geht es um das Leben dieses Künstlers, dessen Werdegang zum Hofmaler alles andere als einfach gewesen ist.
Wie gelingt es Ali Smith nun diese zeitlich so weit auseinander liegenden Biografien zu verknüpfen? Erstaunlich leicht ginge das, so schreibt Anke Dürr (Der Spiegel). Wir dürfen gespannt sein.

Marion von Schiefgelesen hat bereits die englische Fassung dieses Romans gelesen und besprochen.

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Hedwig Pringsheim: “Tagebücher Band 5. 1911-1916”

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In ihren Tagebüchern notiert Hedwig Pringsheim (1855-1942), Tochter der Frauenrechtlerin Hedwig Dohm, Ehefrau des Mathematikers Alfred Pringsheim, Mutter von Katia Mann und Schwiegermutter von Thomas Mann, ihr Leben.

Der Wallstein Verlag hat sich dazu entschlossen, ihre Tagebücher vollständig und kommentiert herauszubringen, was Volker Weidermann (Der Spiegel) leicht bedauert. Er hätte einen Auswahlband bevorzugt, denn die vorliegende Edition schließe jeden interessierten Leser aus, zumal Pringsheim in ihrem Tagebuch vor allem von “geschäftiger Langeweile” erzähle und das “Leider über weite Strecken auf langweilige Weise”, so Weidermann.
Wenn dem wirklich so sein sollte, fände ich das persönlich auch sehr schade, denn das Leben dieser Dame war unglaublich interessant.
Vielleicht sollte ich zum Einstieg in den Pringsheim-Mann-Kosmos ja ein anderes Buch wählen, wobei ich gerade festgestellt habe dass das Buch “Meine Manns” von Hedwig Pringsheim leider nicht mehr lieferbar ist.

Allerdings bin ich durch einen Artikel in der “Welt” auf die von Inge und Walter Jens verfasste Biografie “Katias Mutter – Das außerordentliche leben der Hedwig Pringsheim” gestoßen. Diese hört sich sehr spannend an, wobei natürlich noch immer noch die Lektüre von “Die Manns – Geschichte einer Familie” ansteht. Meine Kollegen waren so begeistert von diesem Titel – vielleicht wäre das ja auch ein Anfang.

» zum Artikel in der “Welt” über Hedwig Pringsheim

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2 thoughts on “Der Literatur-SPIEGEL im April 2016 – Meine Highlights
MoniM

Danke für die schöne Zusammenfassung! 🙂

Friederike

Gerne, es macht mir so viel Spaß!

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