Vor ein paar Tagen noch habe ich zu mir gesagt, dass ich mich über die diesjährige Longlist nicht aufregen werde – egal, wie sie auch aussehen wird.
Dann wurde sie veröffentlicht und da ist es dann eben doch passiert.
Weshalb? Nun, weil das Gleiche geschehen ist, wie im vergangenen Jahr. Die aktuelle Liste macht auf mich den Eindruck, als habe die Jury eine “Ich-habe-einen-noch-geheimeren-Geheimtipp” – Auswahl erstellen wollen. Auch könnte man denken, dass es den Mitgliedern des Komitees eher darum ging, sich selbst als spitzfindigen Kritiker und Literaturentdecker hervorzuheben, denn Bücher zu verkaufen.
Aber sei´s drum. Die Liste ist nunmal so, wie sie ist.
Was man ihr jedoch nicht absprechen kann ist, dass so vielleicht Titel gelesen bzw. besprochen werden, die ansonsten keinen oder wenig Raum bekommen hätten. Das ist eine gute Sache.
Für mich sind einige Titel dabei, die ich ansonsten nicht beachtet hätte. Wie zum Beispiel Monika Helfers Roman “Schau mich an, wenn ich mit Dir rede”, oder “Schreckliche Gewalten” von Jakob Nolte.
Allerdings kann ich nicht umhin, diese Liste unter dem buchhändlerischen Aspekt des Verkaufs zu betrachten, von welchem der Buchhandel nunmal lebt.
Bei vielen Bücher der diesjährigen Longlist habe ich die Befürchtung, dass die eingekaufte Anzahl wieder komplett remittiert werden wird. Was bringt mir eine exklusive Liste, wenn die Titel auf dem Tisch liegen, angelesen werden, jedoch nicht über die Ladentheke gehen?
Aber vielleicht bin ich da zu materialistisch eingestellt. Vielleicht sollte ich aufhören diesen Preis unter dem buchhändlerischen Verkaufaspekt zu betrachten und mich einfach damit zufrieden geben, selbst auf neue unbekanntere Titel aufmerksam gemacht worden zu sein.
Vielleicht kann ich diese ja später als Taschenbuch an den Mann bringen, denn als Hardcover wird dies wahrscheinlich eher schwierig werden.
Franzobels “Floß der Medusa” wird sich allerdings bestimmt, nicht zuletzt wegen der euphorischen Besprechung im Literarischen Quartett, verkaufen. Ebenso der bereits viel gelobte Roman von Jonas Lüscher: “Kraft”.
Sven Regeners “Wiener Straße” wird ein Selbstläufer (sobald er erschienen ist, was am 7. September der Fall sein wird) und von Robert Menasses “Die Hauptstadt” verspreche ich mir ebenfalls ein paar Interessenten.
Allerdings erscheint dieser Roman erst am 11. September, also einen Tag vor der Bekanntgabe der Shortlist. Sollte er auf dieser nicht auftauchen, werden die Hähne nicht in Massen nach diesem Titel krähen . Aber vielleicht wird der Erscheinungstermin ja vorgezogen.
So. Das sind aber immerhin vier Romane. Was motze ich eigentlich.
In den beiden vergangenen Jahren habe ich jeweils mit großer Freude im Vorfeld der Longlist Gedanken darüber gemacht, welche Titel von den Verlagen eingereicht worden sein könnten. In diesem Jahr habe ich bereits im Januar damit begonnen, doch dann wurde meine Zeit knapp. Etwas Halbgares wollte ich jedoch nicht veröffentlichen.
Wenn ich mir aber so meine Notizen anschaue, so sind es aber gar nicht so viele Titel, die ich vermisse. Dass Mariana Lekys “Was man von hier aus sehen kann” keine Chance hat, war von vornherein klar. Mit dieser Nominierung hätte man Humor bewiesen, wie zum Beispiel bei der Longlist im Jahre 2010.
Vielleicht sind in diesem Jahr die eingereichten Titel aber auch, im Gegensatz zu den Neuerscheinungen vergangener Jahre, einfach ernsthafterer Natur gewesen.
Allerdings meinte Christine Westermann im Literarischen Quartett, dass Franzobels “Floß der Medusa” sie sehr amüsiert habe. Woraufhin Ijoma Mangold sagte, dass der Autor leider trotz einiger sehr gelungener Pointen, viele schlechte nicht habe unterdrücken könne. Ich werde mir eine eigene Meinung bilden.
Moment. Gerade habe ich gelesen dass in „Schreckliche Gewalten“ (Jakob Nolte) Witz mit Weltwissen gepaart sei, so sagt es zumindest Gerrit Bartles im rbb und zieht Tarantino und David Lynch als Vergleich heran. Also mal abwarten. Vielleicht stimmt das mit meinen ernsten Vermutungen ja doch nicht.
Was mich wundert, ist die Tatsache, dass Natascha Wodins “Sie kam aus Mariupol” nicht auf der Longlist steht. Damit habe ich fest gerechnet. Aber sonst?
So viele “wichtige” Romane fallen mir gar nicht ein.
Sieben Titel, die ich auf dem Schirm hatte, haben ihren Weg auf die diesjährige Longlist jedenfalls gefunden und vielleicht sollte ich jetzt endlich mal mit dem Meckern aufhören – und beginnen, mich intensiv inhaltlich mit der Longlist auseinanderzusetzen. Vielleicht bin ich danach von der Auswahl ja begeistert. Wer weiß?
Ich werde berichten.
» zur Longlist des Deutschen Buchpreises 2017
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