Juli Zeh: „Treideln“

Treideln von Juli ZehEigentlich lese ich kein Buch ein zweites Mal.
Bisher gab es eine Ausnahme: „Drei Männer in einem Boot“*von Jerome K. Jerome. Das habe ich bestimmt schon zehnmal gelesen.

Seit ein paar Tagen gibt es aber ein zweites Buch, das ich erneut gelesen habe: „Treideln“ von Juli Zeh.
Ich hatte es vor ca. anderthalb Jahren schon einmal gelesen und fand es damals schon großartig. Sprachlich, thematisch – alles hat hier gepasst.
Jetzt wollte ich nur einfach nochmal „kurz rein lesen“…und bin nicht mehr davon weggekommen.

Juli Zeh wird von der Goethe Universität in Frankfurt zur Frankfurter Poetikvorlesung eingeladen.
Sie hat keine Lust, sieht auch den Sinn dieser Veranstaltung nicht so ganz und sagt mit der Begründung „Zeitmangel“ ab. Woraufhin ihr die Universität schreibt, die Veranstaltung würde ja zweimal im Jahr stattfinden und sie könne ja dann einfach das nächste Mal kommen. So ein Mist.

Allerdings hat sie sich dann doch überwunden und im Sommer 2013 ein Poetikseminar in Frankfurt gehalten und sprach darüber, wie es ist Autorin zu sein. Über die Angst des Nichtsgelesenwerdens und dass ihr seit vier Jahren jeder zweite Veranstalter einer Lesung schreibt, Herta Müller sei ja schließlich auch schon mal dagewesen und deshalb solle sie auch kommen.

In diesem Seminar erzählt Juli Zeh auch, wie es ist, immer erklären zu müssen, was sie warum geschrieben habe. Und dass sie bei Interviews zu diesem Thema immer so rumstammele.
In den ersten Interviews zu ihrem neuen Roman „Nullzeit“ zum Beispiel sei sie gefragt worden sei, ob Sven der Prototyp des verantwortungsscheuen Vierzigjährigen wäre. Woraufhin sie fragte: „Welcher Sven?“ Bei ihr im Kopf hieß er immer noch Olli.
Erst kurz vor dem Druck hatte sie den Namen geändert und nun fragt sie sich, ob der Interviewer jetzt denkt: „Die hat das Buch doch gar nicht selbst geschrieben….“

Juli Zeh erzählt uns, dass sie, wenn sie an Schulen eingeladen ist auf die berühmte Frage des Lehrers: „Was hat sich der Autor dabei gedacht?“ gerne antworten würde: „Überhaupt nichts!“, dass sie verzweifelt versucht eine zweite blaue Tonne für den Papiermüll zu bekommen (die Korrespondenz mit der Abfallberatung des Landkreises Mittelbrandmark ist einfach super – ich habe mich so amüsiert), warum es für Schriftsteller so wichtig ist zu schlafen und wie die Figur des Karl Treidel (der Titelgeber dieses Buches) in ihrem Kopf entsteht.

Ich könnte jetzt x verschieden Beispiele nennen, die es geschafft haben mich an dieses Buch zu fesseln…da ich aber nicht alles vorweg nehmen will, höre ich jetzt auf und sage zum Abschluss:„Treideln“ ist irrsinnig unterhaltsam und dabei sehr klug.
Juli Zeh hat eine bestechend scharfsinnige Art zu schreiben und verpackt das Ganze in einen wunderbaren Plauderton.
Ich habe viel gelacht, aber hatte auch viele Aha-Erlebnisse, was das Schriftsteller-Dasein anbelangt und das hat mir richtig gut gefallen.

Und wie schon gesagt, alleine die Tatsache, dass ich dieses Buch zweimal gelesen habe, sagt eigentlich schon alles.

» zur Leseprobe*


ISBN: 978-3-442-74814-3
Verlag: btb
Erscheinungsjahr: 2015
Seiten: 208
Preis: 8,99 €


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4 thoughts on “Juli Zeh: „Treideln“
Werner

Das klingt richtig gut. Und wohl ein Muss, wenn man Juli Zeh mag…. Danke für den Tipp.
Lg,
Werner

thomas brasch

Herzlichen Dank für die Erinnerung. Jetzt bestelle ich es mir endlich. Es muss ja noch ein paar geben, die Juli Zeh als Autor und Mensch zu schätzen wissen. Leider werden es nicht mehr, wie ich bei meinem letzten Resümee über ihren Essayband „Nachts sind das Tiere“ erfahren musste: https://thomasbrasch.wordpress.com/2015/02/11/kann-man-mit-juli-zeh-spas-haben/

Birgit

Schon lange her, dass ich ein Buch von Juli Zeh las – aber Dein begeisterter Beitrag über Treideln erinnert mich, dass das mal wieder fällig wär. (Zumal Du als Empfehlung mit Jerome K. Jerome einsteigst – ein Buch, dass auch ich x-mal gelesen und genossen habe…: http://saetzeundschaetze.com/2013/10/22/noch-eine-bootsfahrt-diesmal-mit-spleen/

Aber jetzt: Treideln!
Liebe Grüße, Birgit

Friederike

Hallo Birgit,
Treideln war auch für mich eine absolute Überraschung. Wenn es mir nicht geschenkt worden wäre, hätte ich niemals danach gegriffen. Schön, dass ich Dich neugierig machen konnte – und dass Du „Drei Mann in einem Boot“ auch so sehr schätzt freut mich sehr!
Viele Grüße,
Friederike

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