Simon van der Geest: “Krasshüpfer”

Simon van der Geest: “Krasshüpfer”

“Krasshüpfer” ist in diesem Jahr für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert und bereits mit dem “Goldenen Griffel”, dem wichtigsten Jugendbuchpreis der Niederlande, ausgezeichnet worden.
Es ist wirklich ein besonderen Buch, in dem viel mehr steckt, als man zunächst vermuten würde.

Hippe hat eine große Leidenschaft und das sind seine Insekten, die er sich im Keller hält. Da gibt es Grillen, Glühwürmchen und sein ganzer Stolz ist ein “Goldglänzender Rosenkäfer”, der seit dem Jahr 1967 in den Niederlanden nicht mehr gesehen worden ist.
Neben seinen Insekten hat Hippe auch einen Bruder. Er heißt Jeppe, ist älter als Hippe und denkt, er sei etwas ganz Besonderes.

Auch er hat ein Hobby: Er spielt in einer Band und eines Tages beansprucht Jeppe plötzlich den Keller für sich, da er dort sein Schlagzeug unterbringen und üben möchte.
Was heißt möchte, er will es und befiehlt Hippe, ihm den Keller zu überlassen und stellt ihm dafür ein Ultimatum: Binnen eineinhalb Wochen muß der Keller geräumt sein.

Hippe kann es nicht fassen, denn vor Jahren haben die beiden Brüder vereinbart, dass der Keller Hippe gehört. Und zwar für immer.
Jeppe ist der Ansicht, dass diese Vereinbarung nicht mehr gelte und Hippe kann noch nicht einmal zu seiner Mutter gehen und ihr von der Gemeinheit seines Bruders erzählen. Denn zum einen geht es der Mutter seit dem Tod ihres dritten Sohnes Ward nicht gut und zum anderen weiß sie gar nicht, dass der Keller existiert.
Jeppe und Hippe haben ihn vor ihr geheim gehalten – aus gutem Grund.
Allerdings denkt Hippe überhaupt nicht daran, seine Insekten aufzugeben und so kommt es zum “Krieg” zwischen den beiden Brüdern, der ungeahnte Ausmaße annimmt.

“Krasshüpfer” ist ein ungewöhnliches Buch, zumal die Helden zunächst nicht wirklich nett zueinander sind.
Da wird schon mit unfairen Mitteln gegeneinander vorgegangen, wobei der kleine Bruder natürlich viel gewitzter ist und sein Wissen über Insekten schlau nutzt. Was uns Lesern zugute komm: Wir lernen beim Lesen viel über Insekten, denn Hippe vergleicht seine Mitmenschen mit diesen.

Zum Beispiel stellt er fest, dass Mädchen sich wie Insekten verhalten, denn wenn diese erst wissen, dass man sie beobachtet, ist von ihrem natürlichen Verhalten nichts mehr übrig. Sie verhalten sich dann nämlich nicht mehr normal.

Das weiß Hippe, weil er versucht, ein Mädchen in seinen Insektenkeller zu locken, da er glaubt, dass sein Bruder den Plan vom Schlagzeugkeller aufgeben würde, wenn er feststellt, dass sich in Mädchen für die Insekten interessiert und diese im Keller öfter besucht.
Hippe ist auf diese Idee gekommen, als er bemerkt hat, dass sein Bruder sich, wenn das neue Nachbarsmädchen dabei ist, seltsam zurückhaltend verhält.
Das Ganze funktioniert leider nicht, weil das Mädchen, das Hippe dazu bringt, seine Insekten anzuschauen, plötzlich das Schlagzeug des Bruders entdeckt und die Tatsache, dass dieser in einer Band spielt, sehr viel interessanter findet, als Hippe und seine Grashüpfer.

Hinter diesen ganzen Streitigkeiten steckt aber noch etwas Tieferes – eine sehr tragische Familiensituation: Hippes Vater ist vor Jahren abgehauen und hat seine Familie alleine gelassen. Hinzu kommt, dass es eben noch ein drittes Kind in der Familie gab, doch dieser Junge ist vor ein paar Jahren gestorben.
Seitdem ist die Mutter nicht wirklich anwesend und selbst wenn sie da ist, ist sie es nur  physisch. Sie grübelt viel und hat auch Probleme bei der Arbeit.
Von den Streitigkeiten zwischen den beiden Brüdern ahnt sie nichts und weiß auch nicht, dass die beiden ein schreckliches Geheimnis hüten. Denn der Deal, dass Hippe den Keller für seine Insekten haben darf, hängt mit diesem Geheimnis zusammen. Deshalb darf die Mutter vom Keller auch niemals etwas erfahren darf.

“Krasshüpfer” ist nicht nur ein Buch über einen Streit um ein Objekt, sondern ein Buch darüber, dass es manchmal nicht gut ist, ein schlimmes Geheimnis unter allen Umständen für sich zu behalten.
Dieser Roman ist sehr vielschichtig und das hat mich beeindruckt. Auch das Ende ist gut gewählt, denn es ist ein Ende mit Aha-Effekt.

Daher sind diese ganzen Gemeinheiten des “Bruderkriegs” auch vollkommen berechtigt. Da muß der Leser eben erstmal durch, denn ohne diese ganzen drastischen Momente, würde es die Wendung auch gar nicht geben, die übrigens ganz ohne nervigen Zeigefinger auskommt.
Hippes Wandlung und Einsicht ist vollkommen plausibel und eben nicht aufgesetzt.
Das schaffen nicht viele Autoren.
Daher: Hut ab!

Ab 12 Jahren.

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ISBN: 978-3-522-18425-0
Verlag: Thienemann
Erscheinungsjahr: 2016
Übersetzung: Mirjam Pressler
Seiten: 240
Preis: 12,99 €

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