Monatsrückblick Nr. 6  // 2025

Monatsrückblick Nr. 6 // 2025

Drei Romane des oben abgebildeten Stapels haben mir ausnehmend gut gefallen. Bei einem von ihnen, hatte ich manche Szenen so intensiv vor Augen, dass ich in der Nacht aufgestanden bin, um schnell ein paar Skizzen zu zeichnen:

Calla Henkel: „Ruhm für eine Nacht

Zoe studiert Kunst in New York und macht gerade ein Auslandssemester in Berlin. Eigentlich wollte sie nach Helsinki, doch als ihr Exfreund ihr eröffnete, er werde nach Helsinki gehen, war die Sache gegessen.
Kein Helsinki für Zoe.
Da sie wirklich dringend einen Tapetenwechsel benötigt (ihre beste Freundin Ivy, die in New York Ballett studierte, ist umgebracht worden), entscheidet sich Zoe für Berlin.

Mit ihr fährt die aus reichem Hause kommende Hailey die ebenfalls Kunst studiert. Im Gegensatz zu Zoe sieht sie Kunst eher von der kommerziellen Seite und findet, man solle das Ganze nicht so ernst nehmen. Sie hat auch kein Problem damit, in eine künstlerisch-experimentelle Videothek (wir befinden uns im Jahr 2000) zu gehen und nach “Notting Hill” mit Julia Roberts zu fragen.

Zunächst hausen die beiden in einer Art Hostel. Schließlich bekommen sie die Zusage für die Zwischenmiete einer Wohnung in Charlottenburg. Die Vermieterin (Beatrice, eine Krimi-Schriftstellerin) ist für ein halbes Jahr in Wien. Wie toll!
Nicht so toll ist die Sache mit dem Heizen. Kohleofen. Und es ist einfach nur kalt. Berlin im Winter.
(Auch nicht so toll sind die (sehr leeren) Stundenpläne der beiden und auch die Kunstseminare sind zum Davonlaufen. Freunde zu finden ist schwierig. Ins Berghain werden sie nicht hineingelassen. Wie frustrierend.)

Die beiden lassen jedenfalls den Boiler für heißes Wasser immer auf vollen Touren laufen. Als ein Brief der Vermieterin eintrifft, auf welchem steht, dass sie den Boiler bitte nach Gebrauch ausschalten sollen, müssen sich die beiden fragen, ob sie vielleicht beobachtet werden..

Calla Henkels Roman “Ein letztes Geschenk” war eines meiner Highlights des letzten Jahres. Es ist eine Mischung aus Spannung, Unterhaltung und Kunst. Genauso wie “Ruhm für eine Nacht”. Die Lektüre macht einfach Spaß.
Ich finde die Beschreibung von Berlin aus dem Blickwinkel der beiden amerikanischen Studentinnen prima – und die der Kunstszene ebenso.

Ein wirklich tolles Buch, das sich weg liest, wie nichts und zu welchem ich irgendwann einmal ein paar Bilder malen werde.

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Marie Hermanson: “Im Finsterwald”

Maj, das Kindermädchen der Familie Guldin, ist mit ihren Schützlingen im Naturkundemuseum.
Natürlich, weil die ausgestellten Tiere spannend für die Kinder sind, aber auch, um sich aufzuwärmen. Wir befinden uns in den 20er Jahren in Göteborg. Es ist Winter und sehr kalt, wobei Maj das gar nicht so merkt, denn sie hat mit den Kindern und im Haushalt genug zu tun, zumal die Familie seit einiger Zeit keine Haushälterin mehr hat.
Eigentlich müsste Maj sich auch eine andere Anstellung suchen, denn ihren Lohn hat sie diesen Monat noch nicht erhalten. Aber sie liebt die Kinder und wer soll sich denn sonst um sie kümmern.
Gerade hat der Museumswächter ihr gesagt, dass die Einrichtung jetzt schließt.

Das den Kindern begreiflich zu machen ist sowieso schwer und plötzlich ist die 6 jährige Alice verschwunden.
Das komplette Museum wird abgesucht. Vergebens.
Vielleicht ist Alice ja alleine nach Hause gerannt?
Tja. Leider nein.
Was ist passiert?

Seit ich “Muschelstrand” vor ca. 20 Jahren gelesen habe, bin ich ein Fan der schwedischen Autorin. “Pilze für Madeleine”, “Der Mann unter der Treppe”, “Der unsichtbare Gast” und “Saubere Verhältnisse” fand ich toll. Besonders genial fand ich “Himmelstal”.
“Im Finsterwald” steht den eben genannten Titeln in nichts nach. Die Autorin fängt die 20er Jahre sehr gut ein und zeichnet ein illustres Bild der Gesellschaft. Besonders das Setting finde ich sehr gelungen: Ein naturhistorisches Museum, in dessen Gängen man sich schnell verloren vorkommt – und in welchem mehr Menschen (und anderes?!) ein und ausgehen, als behauptet wird…

Gelesen habe ich dieses winterliche Buch bei 33 Grad im Schatten auf dem Balkon.
Mentale Abkühlung nennt man das.

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Joël Dicker: “Die Affäre Alaska Sanders”

Es ist ein anonymer Brief, der den Polizisten Perry Gahalowood aus der Bahn wirft.
Vor 11 Jahren ermittelte er im Mordfall Alaska Sanders, der aufgrund eines Geständnisses schnell gelöst war. Doch der Brief, den er erhalten hat, besagt, dass dieses Geständnis falsch war. Gemeinsam mit dem Schriftsteller Marcus Goldman macht er sich daran, Klarheit ins Dunkel zu bringen.

Joël Dickers neuer Roman “Ein ungezähmtes Tier”, hat mich ja sehr begeistert und da ich (wahrscheinlich als eine der Wenigen) seinen Bestseller „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ noch nicht gelesen hatte, habe ich das sofort nachgeholt – und war hin und weg. Dieser Roman mit Krimi-Elementen hat mir so viel Spaß gemacht.

“Die Affäre Alaska Sanders” ist die Fortsetzung von “Harry Quebert” und deshalb war ich skeptisch, ob ich sie überhaupt lesen soll. Denn meine Erwartungen sind bei Fortsetzungen meist so hoch, dass sie nicht erfüllbar sind. Jedenfalls habe ich dann doch mit der Lektüre begonnen und schon nach ein paar Seiten hatte ich das gleiche Gefühl wie bei “Harry Quebert”. Irgendwie wohlig und entspannt.

Eine rundum gelungene Fortsetzung. Es werden zwar einige Aspekte aus dem ersten Band erklärt, doch es ist sehr sinnvoll “Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert” zuerst zu lesen.

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Yehudis Fletcher: „(K)eine von euch“

Yehudis Fletcher schreibt hier über ihr Aufwachsen in einer streng orthodoxen jüdischen Gemeinde. Davon, wie sie schon als Kind Dinge hinterfragt und dafür getadelt wird.
Mit sechs Jahren stellt sie sich zum Beispiel die Frage, ob es Gott überhaupt gibt. Sie möchte wissen, ob Gott sich wirklich für ihre kleinen Verfehlungen interessiert.
Denn es heißt, wer die Regeln infrage stellt, ist eine Sünderin und Yehudis fühlt sich immer schuldig, wenn sie etwas infrage stellt. Sie fühlt sich unwürdig und kämpft mit diesem Gefühl.

Aber vielleicht interessiert sich Gott ja gar nicht für sie. Vielleicht muss sie sich ja gar nicht schuldig fühlen. Deshalb hat sie sich einen “Test” ausgedacht.
Bevor man am Freitagabend das gesegnete Brot isst, muss man sich die Hände waschen. Nicht aus hygienischen Gründen, sondern für die rituelle Reinheit.
Die Art und der Rhythmus des Händewaschens werden dabei vom religiösen Gesetz vorgegeben. In diesem speziellen Fall (Brotbrechen) wird 2x kaltes Wasser über die rechte und 2x über die linke Hand gegossen.
Das Wasser darf nicht direkt aus einem Wasserhahn kommen. Es muss aus einem Becher mit glattem Rand gegossen werden, der keinen Ausgussschnabel hat.
Sie beschließt, sich die Hände heute vor dem Essen nicht zu waschen.
Um auf die Frage ihrer Mutter “Hände gewaschen?“ (ihre Mutter kann sie nicht anlügen) “Ja.” sagen zu können, wäscht sie ihre Hände ohne Wasser in ihrer Spielküche.
Aufgeregt beißt sie am Tisch ins Brot – und es passiert…NICHTS.

In diesem Buch schreibt Yehudis Fletcher über die Missstände in der jüdische-orthodoxen Welt, über den sexuellen Missbrauch, den sie selbst erleben musste und über die Thematik der Zwangsehe.
Es geht um Yehudis´Weg von einem Mädchen, das wagt, Fragen zu stellen, hin zu einer stolzen, lesbischen Frau, die ihren Glauben lebt und sich für andere einsetzt.

Wer sich für diese Thematik interessiert, dem empfehle ich die Lektüre von Deborah Feldmans “Unorthodox”. Dieses Buch ist eines meiner ewigen Lieblingsbücher – ich habe es in sehr kurzer Zeit inhaliert. Genauso wie Deborah Feldmans zweites Buch “Überbitten”.

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Anne Freytag: “Blaues Wunder”

Der Schauplatz dieses Romans ist eine Yacht, die im Sommer in der Nähe der Philippinen ankert. Urlaubsfeeling pur für die drei anwesenden Paare- könnte man meinen. Doch für Nora ist das mit dem Urlaubsgefühl schon nach ein paar Stunden an Bord Geschichte.
Denn der Besitzer der Yacht ist ebenfalls an Bord. Es handelt sich um Walter Bronstein, den Chef ihres Mannes Ferdinand.
Ebenfalls mit von der Partie sind Franziska und Kilian. Kilian arbeitet auch für Walter Bronstein – und ist Ferdinands größter Konkurrent.
Was soll das Ganze? Einfach ein Urlaub mit dem Chef und seiner Frau – wohl kaum.
Alle wissen, dass hier irgendetwas geschehen wird und dass es um etwas Großes geht. Aber um was?!

Diese Lektüre war kurzweilig.
Würde ich jedoch vor der Entscheidung stehen, ob ich mir dieses Buch in der gebundenen Form sofort zulegen muss, oder auf die Taschenbuchausgabe warten sollte, so würde ich definitiv auf das Taschenbuch warten, das wahrscheinlich irgendwann im nächsten Jahr erscheinen wird.

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