Die besten Romane des Jahres 2022

Die besten Romane des Jahres 2022

Jedes Jahr um diese Zeit lasse ich alle Bücher, die ich in den letzten zwölf Monaten gelesen habe, Revue passieren und erstelle eine Top 10.

Welche Romane die diesjährige Liste anführen würden, war mir sofort klar. Alle drei Titel haben mich auf ihre ganz eigene Art restlos begeistert. Eins mit Spannung, eins mit Wissen – und eins mit Humor.
Aber auch die anderen sieben Bücher waren richtig gut – sonst hätte ich sie ja nicht in meine TOP 10 gewählt :).

Hier sind sie also – meine Highlights des Jahres 2022:

Rayk Wieland: „Beleidigung dritten Grades“

Als ein hysterisch wirkender Herr auf der Polizeiwache am Alexanderplatz erscheint und Anzeige erstatten möchte, weil er zum Duell herausgefordert wurde, ist man dort ratlos.

Auf der Wache hat man ja schon viel erlebt: Diebstahl (Bearbeitungsnummer 821), Ruhestörung (Bearbeitungsnummer 477)… aber ein Duell?! Das ist etwas Neues.
Für diesen speziellen Fall gibt es auch gar keine Bearbeitungsnummer.
Daher kann man ja gar nicht aktiv werden.

Außerdem ist das Ganze ja vollkommen absurd. Ein Duell – vor 100 Jahren vielleicht, aber doch nicht heute! Ausgeschlossen.
Nun ja, nicht ganz: Ein in Berlin ansässiger Antiquar hat in letzter Zeit so viele Bücher über das Duellieren gelesen, dass ihm die Realität entglitten ist.
Als seine Ex-Freundin eine neue Beziehung eingeht, ist ihm sofort klar: Es muss sich duelliert werden!
Was auch sonst…?!

Ich habe so viel gelacht und weiß noch, wie ich nach ein paar gelesenen Seiten dachte: “Das ist ja der Knaller! Wenn das so weitergeht, wird dieses Buch mein Highlight des Jahres 2023.”
So ist es dann ja auch gekommen.

“Beleidigung dritten Grades” ist sehr intelligent geschrieben – und randvoll mit trockenem Humor.
Außerdem hat diese Lektüre mein Geschichtswissen erweitert. Sehr oft dachte ich: “Rayk Wieland hat ja eine blühende Phantasie. Toll!”
Dann habe ich recherchiert und festgestellt: Nein, das hat der Autor sich nicht ausgedacht. Das hat sich wirklich so zugetragen.
Irre!!! Besser geht’s nicht!

Deshalb ist “Beleidigung dritten Grades” mein Highlight des Jahres 2023.

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Robert Kolker: „Hidden Valley Road – Im Kopf einer amerikanischen Familie“

Die Familie Galvin besteht aus Don, Mimi und ihren zwölf Kindern. Ja, richtig gelesen. ZWÖLF Kindern. Zehn Jungs und zwei Mädchen. Nach außen hin präsentiert sich die Familie perfekt.

Hinter den Mauern des Hauses in der Hidden Valley Road sieht es allerdings anders aus.
Normal, oder gar perfekt ist hier überhaupt nichts. Gewaltausbrüche und Anwandlungen, die niemand versteht (auch die betreffenden Personen selbst nicht), bestimmen den Alltag.

Mitte der 70er Jahre ist dann klar, dass sechs der zehn Söhne schizophren sind, was dem Ganzen einen Namen gibt, aber die Situation nicht besser macht, denn die Krankheit ist kaum erforscht.

Robert Kolker hat hier ein wahnsinnig interessantes Buch geschrieben, das ich nicht mehr zur Seite legen konnte.
Es ist eine Mischung aus Sachbuch und Roman – gepaart mit der Spannung eines Krimis.

Wir können hier lesen, wie die Krankheit, bzw. das Verbergen dieser, das Leben der Galvins bestimmt. Davon, wie sie den Alltag unberechenbar macht. Niemand kann voraussagen, was als nächstes passieren wird.
Als Mimi eines Tages nach Hause kommt, hat Don jr., der älteste Sohn, alle Möbel aus dem Haus getragen…. ( Ein übrigens ein sehr harmloses Beispiel.) Wie erklärt man das jetzt den Nachbarn?!
Don jr. merkt selbst, dass etwas mit ihm nicht stimmt.
Aber er kann nichts dagegen tun.

Ich habe hier nicht nur unglaublich viel über das Thema Schizophrenie und die Geschichte der Medizin erfahren, sondern auch einiges über das Leben bzw. die Konventionen in den 50er, 60er und 70er Jahren.
Zum Beispiel, dass unter anderem die zunehmende Zahl von berufstätigen Müttern für die Schizophrenie der jeweiligen Kinder verantwortlich gemacht wurde.

Die DNA der Familie Galvin war es übrigens, die bahnbrechende Fortschritte bei der Erforschung bzw. Behandlung der Krankheit ermöglichte. Eine Krankheit, bei der es noch heute viele Unbekannte gibt.

Ein hochinteressantes, spannendes Buch.
Top!

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Sofi Oksanen: „Hundepark“

Olenka sitzt auf einer Parkbank und wirft einen kurzen Blick auf die Frau, die sich neben ihr niederlässt.
Wie man das eben so macht. Kurz zunicken und dann ignorieren.

Doch die Frau, die sich auf die Bank gesetzt hat, ist keine Fremde.
Es ist die Frau, deren Leben Olenka zerstört hat…

In diesem Roman schreibt Sofi Oksanen über Frauen aus Entwicklungsländern, oder dem Osten, die in ihrer Not keine andere Wahl haben und reichen Europäerinnen zu dem verhelfen, was diese sich so sehr wünschen: Ein Kind.

Ich bin total begeistert und habe durch diesen Roman so viel gelernt.

Großartig!

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Rebecca Pert: „Raue Wasser“

Jane lebt auf den Shetlandinseln. In einem Wohnwagen.
Zwar besitzt sie ein kleines Häuschen, aber das wird sie unter keinen Umständen betreten. Ihr ist es wichtig, so zu leben, als ob sie sofort losfahren könnte. Obwohl sie eigentlich weiß, dass sie dies nicht tun wird…

Die Arbeit in der örtlichen Fischfabrik ist zwar eintönig, aber inzwischen hat Jane sich an diese gewöhnt. Sie findet das Köpfen von Fischen und das Ausnehmen sogar irgendwie meditativ. Die Routine bei dieser Tätigkeit hat etwas Heilsames, denn dabei muss sie an nichts denken.

Dann wird in einem nahe gelegenen tiefen See eine Armprothese gefunden. Die Prothese von Sylvia – Janes Mutter, die vor vielen, vielen Jahren verschwunden ist….

Obwohl es sich so anhört, handelt es sich bei “Raue Wasser” nicht um einen Krimi.
Es geht um das raue, schwierige Leben auf den Shetlandinseln, um enttäuschte Hoffnungen, Muttergefühle, die sich nicht einstellen wollen und das Leben mit einer schweren Vergangenheit.
Ein tolles, sehr atmosphärisches Buch.

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Sylvia Wage: „Grund“

Da liegt er, der Vater. Tief unten im Brunnen. Naja….Brunnen….

Nennen wir es doch einfach beim Namen: Der Vater liegt in einem tiefen Loch im Keller. Ein Feinripp-Unterhemd trägt er. Frisch ist es nicht (genauso wie die Luft da unten) und mit seinem guten Aussehen ist es auch schon länger vorbei.
Dabei war ihm das früher so wichtig. Als er noch oben bei seinen drei Töchtern und seiner Frau gewohnt hat.

Eine der Töchter steht jetzt oben am Loch und beobachtet, wie seine Atemzüge unregelmäßiger werden. Ein, aus…nichts…nichts….ach….atmen wird eh überbewertet. Jetzt hat der Vater es auch endlich eingesehen – und damit aufgehört…

So spannend und überraschend, dass ich diesen Titel in null Komma nichts ausgelesen hatte. Super!

P.S. Ich habe lange nach einem Buch gesucht, das ich empfehlen kann, wenn jemand von Michaela Kastels “So dunkel der Wald” (einem meiner Highlights des Jahres 2019) begeistert war.
Mit “Grund” habe ich dieses nun endlich gefunden.

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Susan Kreller: „Hannas Regen“

Josefin, versucht immer es so aussehen zu lassen, als ob es ihr egal ist. Egal, dass ihr noch niemals ein Spitzname gegeben wurde. Egal, dass sie immer nur zufällig auf den Fotos der anderen ist.

Dann kommt Hanna in ihre Klasse und Josefin hofft, sich mit ihr anzufreunden. Sie wünscht sich sehr, eine Freundin zu haben. Wie alle anderen eben auch.
Doch Hanna verhält sich sehr seltsam. So, als ob sie gar nicht da wäre.

Ständig trägt sie ein dickes, zerfleddertes Buch mit sich herum und legt im Unterricht ihren Kopf darauf.
Außerdem hat sie nie einen Regenschirm dabei, auch wenn es wirklich schifft. Das weiß Josefin, weil sich Teile ihres Schulwegs überschneiden.

Schließlich freunden sich Josefin und Hanna doch an. Naja, vielleicht würden andere das nicht so nennen. Denn sie schweigen viel und Hanna erzählt nichts über sich.
Bald wird Josefin bewusst, dass mit Hanna wirklich etwas nicht stimmt.
Was ist mit ihr los? Ist sie in einer gefährlichen Situation? Muss sie gerettet werden? Oder ist sie gar nicht die, für die sie gehalten werden will?

Man könnte angesichts der Handlung denken, dass es sich hierbei um einen Spannungsroman handelt. Das ist jedoch nicht der Fall.
Es ist auch gar nicht der Plot an sich, der dieses Buch für mich so gut macht.
“Hannas Regen” ist ein sehr ruhiges Buch, das mich durch seine klare,  poetische Sprache überzeugt hat.

Ich muss definitiv mehr von Susan Kreller* lesen!

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Dominic Sandbrook: „Der zornige Herrscher – Heinrich VIII“

Als Heinrich VIII. im Jahr 1509 (mit gerade mal 17 Jahren) den Thron besteigt, ahnt noch niemand, was dem britischen Volk in den nächsten Jahren blühen wird. Auch Katharina von Aragon ist noch arglos.

Die Tochter von Isabella (der Königin Kastiliens) und Ferdinand ( König von Aragon) wächst behütet in der spanischen Adelswelt auf. Sie lernt zeichnen, erhält Unterricht in Wappenkunde und lernt alles, was man eben so als Prinzessin wissen und können muss.
Ihre Zukunft ist jedoch schon fest verplant, denn ihre Eltern haben bereits arrangiert, dass Katharina Arthur Tudor (Heinrichs älteren Bruder) heiraten wird.

So geschieht es auch, doch Arthur stirbt in einer Schlacht. Heinrich war schon immer begeistert von seiner Schwägerin Katharina und setzt sich in den Kopf, diese zu heiraten.
Eigentlich geht das ja nicht, denn die Frau des eigenen Bruders zu heiraten, ist gegen Gottes Gebot. Aber Heinrich weiß sich zu helfen….

Der Historiker Dominic Sandbrook erzählt so mitreißend und lebendig von Heinrich und seinen insgesamt sechs Ehefrauen, dass ich dieses Buch kaum mehr zur Seite legen konnte.
Im Prinzip ist es ein fundierter und zugleich höchst unterhaltsamer Geschichts-Crashkurs, bei dem zu keiner Zeit Langeweile aufkommt.
Wer etwas über Geschichte erfahren möchte, aber keine Lust hat, sich durch ein x-seitiges Geschichtsbuch zu ackern, dem empfehle ich diese Lektüre.

P.S.: In Dominic Sandbrooks “Weltgeschichte(n)-Reihe”* sind noch weitere Bände erschienen. Ich möchte sie unbedingt noch lesen.

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Markus Orths: „Baddabamba und die Insel der Zeit“

Paula wird im Urlaub beim Kitesurfen vom Wind davongetragen und landet auf der Insel Chronossos. Einer lebendigen Insel, die von niemandem entdeckt werden will – und die es also eigentlich gar nicht gibt.
Wie soll Paula denn je wieder nach Hause finden?

Ich bin hin und weg!
Die stärkste Urwald-Oma der Welt (aber nur von 6-9 Uhr morgens bitte-danke), die coole Sau Anna Bella, die Spazierstock-Haie und der Delfin mit der Salzwasser-Allergie sind der Knaller! Markus Orths hat so geniale Ideen, dass ich während des Lesens mehrmals laut lachen musste.

Aber dieses Buch ist nicht nur witzig, sondern auch sehr spannend.
Denn um wieder nach Haus zu kommen, muss Paula den grausamen Hubbanesen und einem Riesenkraken entkommen.

Wahnsinnig gut und definitiv auch für Erwachsene ein Fest der Fantasie.

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Anne Kubik: „Auf den Bleistift, fertig, los!“

Dieser Anfänger-Zeichenkurs hat mich total begeistert!
Anne Kubik erklärt hier alle Grundlagen des Zeichnens locker, leicht – und sehr motivierend.

Toll finde ich auch, dass wirklich nur Materialien benötigt werden, die sowieso jeder Zuhause hat: 2 – 3 Bleistifte, einen Radiergummi und einen Spitzer.

Man braucht noch nicht mal Papier, da direkt ins Buch gezeichnet wird.
Normalerweise mag ich das ja nicht aber in diesem Fall finde ich es genial, zumal der unschlagbare Preis des Buchs die Hemmschwelle sinken lässt.

Und falls ihr jetzt sagt: „Das ist doch ein Zeichenkurs für Kinder!“, liegt ihr falsch. Es ist ein Kurs für ALLE, die gerne zeichnen lernen möchten.
Der Herr, der dieses Buch bereits geschenkt bekommen und tolle Schafe, sowie einen Pelikan gezeichnet hat, kann dies bestätigen :).

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Gris: „Sketch it! Locker und schnell skizzieren lernen“

Gris, der coole, lässige, humorvolle Künstler aus Berlin, lässt uns hier an seinem Wissen teilhaben.
Nach der Gris-Devise “Einfach mal locker los skizzieren, irgendwas wird schon draus.” habe ich zunächst Tomaten mit schwarzem Stift aufs Papier gekritzelt. Erst sah das nicht so toll aus…

Aber dann habe ich mit Aquarellfarbe drübergekleckst und plötzlich dachte ich: Oh, gar nicht schlecht! Irgendwie cool!

Inzwischen bin ich bei Partytauben mit Sonnenbrillen, Cocktails und anderen Accessoires angelangt und habe viel Spaß an dieser lockeren Art zu zeichnen.
Demnächst zeige ich Euch meine “Werke” – und kann Euch diesen Einsteigerkurs nur empfehlen.

Dem Kunden, der mich auf dieses Buch aufmerksam gemacht hat, bin ich sehr dankbar.

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3 thoughts on “Die besten Romane des Jahres 2022
Olaf Gütte

Tolle Tipps Friederike, herzlichen Dank!
LG Olaf <3

Katinka

Baddabamba wird jetzt zu Weihnachten verschenkt.

BookPlate

Ich bin so aufgeregt, dieses zu lesen. Es ist wunderbar!!

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