Cath Crowley: „Das tiefe Blau der Worte“

Cath Crowley: „Das tiefe Blau der Worte“

Ich bin ganz verliebt in dieses Buch, denn es geht hier nicht nur um die Liebe zwischen zwei Menschen, sondern auch um die Liebe zu Büchern.

Rachel und Henry kennen sich schon ewig und sind beste Freunde. Was Rachel Henry allerdings nie gesagt hat ist, dass sie für ihn viel mehr empfindet, als reine Freundschaft.
Sie ist in ihn verliebt.

Beide mögen sich sehr gerne, doch leider ist Henry bereits vergeben. Zumindest manchmal: Hin und wieder ist er mit Amy zusammen.
Das macht die Sache kompliziert, aber Rachel ist klar, dass Amy nicht in Henry verliebt ist. Sie braucht ihn einzig und allein dafür, um jemanden zu haben, zu dem sie notfalls zurückkehren kann – falls gerade kein andere Junge in Sicht ist.
Und Henry, der Depp, nimmt Amy immer wieder zurück. Egal, wie sie sich ihm gegenüber verhalten hat.
Dann kommt der Tag, an welchem Rachel wegziehen muss und beschließt, Nägel mit Köpfen zu machen.

Henrys Familie besitzt ein Antiquariat, in dem man nicht nur gebrauchte Bücher kaufen kann, sondern in dem es auch ein Regal mit Büchern gibt, die nicht gekauft und nicht ausgeliehen werden können. Die sogenannte “Briefbibliothek”.
Hier dürfen Kunden nach Herzenslust Notizen in die Bücher schreiben, unterstreichen – und anderen Menschen Briefe hinterlassen.
Genau das tut Rachel jetzt. Sie legt ihren Brief zwischen die Seiten, auf welchen Henrys Lieblingsgedicht “J. Alfred Pufrocks Liebesgesang” abgedruckt ist und von dem sie weiß, dass Henry es noch am selben Tag lesen wird.

Rachel schreibt, dass sie weiß, dass er mit Amy zusammen ist, aber dass diese ihn nicht liebt, sondern nur sich selbst. Und dass sie, Rachel, Henry wirklich liebt. Seine Liebe zum Lesen, seine Liebe zu gebrauchten Büchern und überhaupt so ziemlich alles an ihm.
“Morgen fahre ich. Bitte ruf mich an, wenn Du das hier liest, egal wie spät es ist.”
Henry jedoch wird sich nie bei ihr melden.

Das ist wirklich tragisch und ich habe so mit Rachel mitgelitten. Henry seinerseits versteht absolut nicht, weshalb sich Rachel nicht mehr bei ihm meldet und auf seine Briefe nur extrem knapp antwortet.
Hat er ihren Brief etwa nicht gelesen?

“Das tiefe Blau der Worte” lag schon lange bei uns in der Buchhandlung im Stapel aus, jedoch habe ich es immer ignoriert. Was daran liegt, dass eine Buchhandlung im Roman vorkommt.
Man könnte denken, dass ich als Buchhändlerin es toll finde, über Buchhandlungen zu lesen. Doch dem ist nicht so, denn zumeist wird der Beruf stark romantisiert.
Wenn ich jemandem sage, dass ich als Buchhändlerin arbeite, höre ich oft “Ach super, dann kannst Du ja den ganzen Tag lesen.” oder “Toll, fürs Lesen würde ich auch gerne bezahlt werden.”
Weder das eine, noch das andere entspricht der Wirklichkeit. Buchhändler lesen in ihrer Freizeit – und werden nicht fürs Lesen bezahlt.

Daher habe ich lange gebraucht, bis ich schließlich doch zu “Das tiefe Blau der Worte” gegriffen habe. Doch die vielen begeisterten Stimmen waren einfach nicht zu überhören – und alleine das Konzept der “Briefbibliothek” war es wert, diesen Roman gelesen zu haben.
Wie schön ist das denn! Ein Regal voller Bücher als Kommunikationsmittel. Das Antiquariat als Ort des Austauschs, ein wirklicher Ort und kein Chat. Ein Ort, an dem man zum Beispiel in seinem Lieblingsbuch einen Brief, oder eine kurze Notiz für jemanden hinterlassen kann, der dieses Buch vielleicht genauso liebt, wie man selbst.

Oder auch ein Ort, an welchem man einen Brief für jemanden hinterlassen kann, den man im wirklich Leben nicht anzusprechen traut, von dem man aber weiß, dass er eben dieses eine Buch schätzt.
Klar, natürlich wird dieses Antiquariat stark romantisiert und ob sich im wirklichen Leben ein Dialog mittels dieser Briefe bzw. Randbemerkungen ergeben würde, sei einmal dahingestellt – aber die Vorstellung alleine ist schön.

Bei Rachel und Henry scheint es nicht funktioniert zu haben. Den wichtigsten Brief, den Rachel je für Henry hinterlassen hat, hat dieser nie bekommen und da Rachel weggezogen ist, wird er vielleicht auch nie erfahren, dass es diesen Brief je gegeben hat.

Doch es kommt anders. Von einem plötzlichen Todesfall wird Rachel vollkommen aus der Bahn geworfen.
Ihre Tante ist die einzige Person, die sich nun um sie kümmern kann.
Daher muss Rachel wieder an den Ort ihrer Kindheit zurückkehren. Auch wenn sie das nicht möchte, zumal sie Henry nicht begegnen will.
Ihrer Tante jedoch ist es sehr wichtig, dass Rachel wieder mit anderen Menschen in Kontakt kommt. Daher hat sie ihr einen Job besorgt.
In Henrys Antiquariat…

„Das tiefe Blau der Worte“ ist allerdings nicht nur ein Buch über die Liebe und über Bücher (wir erfahren zum Beispiel, welche Schriftsteller die Protagonisten schätzen und werden neugierig auf deren Werke gemacht), sondern auch ein Buch über Gefühle, die ins Leere laufen.
Über die Frage, ob eine Beziehung funktionieren kann, wenn für den einen ganz andere Werte im Leben zählen, als für den anderen und darüber, was passiert, wenn der eine den anderen nicht wirklich schätzt.
Sondern nur braucht, um nicht alleine zu sein.

Es ist ein Buch über Lebensträume, die zerplatzen, ein Buch über Trauer und darüber, dass Gefühle für einen Menschen nicht enden, wenn dieser nicht mehr am Leben ist.

Vor allem ist “Das tiefe Blau der Worte” eines: Wunderschön, gefühlvoll und dennoch realistisch.
Wie bereits zu Beginn erwähnt: Ich bin ganz verliebt in dieses Buch.

» zur Leseprobe*

Ab 14 Jahren.


ISBN: 978-3-551-31949-4
Verlag: Carlsen
Erscheinungsjahr: 2020
Übersetzung: Claudia Feldmann
Seiten: 400
Preis: 8,99 €

Die gebundene Ausgabe* dieses Titels ist 2018 erschienen.


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One thought on “Cath Crowley: „Das tiefe Blau der Worte“
Ingrid Härtel

Ich habe das Buch auf Ihren Tipp hin gelesen und fand es amüsant, hintersinnig, aber auch sehr auf die junge Generation bezogen. Da ich gleich noch zwei weitere Buchtipps kommentieren werde, denen ich folgte, abwarten:))

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