Alafair Burke: “Die perfekte Schwester”

Alafair Burke: “Die perfekte Schwester”

Durch Alafair Burkes Krimi “The Wife” habe ich gelernt, wie die Zusammenarbeit zwischen der Polizei und der Staatsanwaltschaft abläuft und wusste bis zum Ende nicht, was hier eigentlich gespielt wird.
Genauso war es bei “Die perfekte Schwester” – mit dem Unterschied, dass ich hier unter anderem einiges über die Verteidigungsstrategien von Anwälten erfahren habe.

Chloe Taylor hat es geschafft. Als Chefin des Magazin “Eve” hat sie im Zuge von #metoo eine Kampagne ins Leben gerufen, die sich mit sexuellem Missbrauch und sexueller Belästigung am Arbeitsplatz befasst. Diese Kampagne hat sie berühmt gemacht hat.

Inzwischen ist sie Chloes Kampagne vielfach ausgezeichnet worden und ist ständig Gast wichtiger Veranstaltungen. Zwei millionenschwere Buchverträge hat sie auch bereits in der Tasche.
Chloe hat hart für diesen Erfolg und den Wohlstand, in dem sie, ihr Mann und ihr Sohn Ethan leben, gearbeitet. Aber es ist ihr auch bewusst, dass es Zeitschriften im digitalen Zeitalter schwer haben und viele wesentlich jüngere Journalistinnen an ihrem Stuhl sägen.

Daher ist es wichtig, am Ball zu bleiben, weshalb sie sich viel mit Social Media auseinandersetzt.
Manchmal würde sie sich allerdings wünschen, sie könnte dem Drang widerstehen, die Kommentare unter ihren Tweets zu lesen. Denn es sind viele Hasskommentare und Drohungen darunter. Gezeigt hat Chloe diese bisher noch niemandem.

Dann wird Chloes Ehemann Adam, der als Anwalt arbeitet, im Ferienhaus tot aufgefunden. Er wurde erstochen. Die Polizei geht zunächst von einem Einbruch aus.
Doch das Ganze ist komplizierter…

Alafair Burke ist Juristin und hat unter anderem für die Staatsanwaltschaft gearbeitet. Das merkt man diesem Krimi, der mit einigen juristischen Schachzügen und Spitzfindigkeiten angereichert ist, auch an. Besonders den Szenen, die im Gerichtssaal spielen.
Auch dass sie Psychologie studiert hat, kommt dem Buch zugute. Denn im Zuge der Ermittlungen kommt das heraus, was Chloe am liebsten ihr Leben lang geheim gehalten hätte: Ethan ist nicht ihr leiblicher Sohn.
Er ist der ihres Mannes Adam und ihrer eigenen Schwester.

Zugegeben, als ich das zum ersten Mal las, dachte ich: Was für ein Quark. Konstruierter und unrealistischer geht es ja wohl nicht. Eine Frau heiratet den Exmann ihrer drogensüchtigen Schwester und wird die neue Mutter ihres Neffen.
Auch bei der Lektüre der ersten Seiten (die 14 Jahre vor der eigentlichen Handlung spielen) war ich mir nicht sicher, ob ich “Die perfekte Schwester” weiterlesen sollte. Denn diese strotzen ehrlich gesagt nur so vor Klischees.
Die Beschreibung von Chloes Met-Gala-Besuch ist keine literarische Glanzleistung. Auch zum Beispiel die Szene in welcher Chloe und Adams zusammen im Bett liegen ist wirklich…nunja…schwierig und schwülstig.

Das hätte meines Erachtens alles gerne etwas kürzer sein können. Jedoch muss ich zugeben, dass diese Heranführung an Chloes Alltag dramaturgisch gesehen Sinn macht.
Ich bin jedenfalls froh, dass ich weitergelesen habe. Denn nach Adams gewaltsamen Tod wird es interessant.

Es gibt, auch wenn es zunächst nicht so aussieht, einige Personen, denen ein Ableben Adams geholfen hätte. Zum Beispiel Ethan (dessen Dispute mit seinem Vater über das normale Maß hinausgingen) – und Chloes Liebhaber…
In diesem Krimi geht es aber nicht nur um einen Mord und um dessen Aufklärung, sondern auch um die Erwartungen an das eigene Kind, problematische Beziehungen unter Geschwistern, #metoo, die Verklärung der Vergangenheit und darum, dass Menschen sich ändern können.

Das Wichtigste für mich ist jedoch, dass ich während des Lesens auf viele falsche Fährten gelockt worden bin, überrascht wurde und lange nicht wusste, was hier wirklich gespielt wird.
Und das ist es, was ich an Alafair Burkes Krimis schätze.

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ISBN: 978-3-7466-3675-7
Verlag: Aufbau
Erscheinungsjahr: 2020
Übersetzung: Kathrin Bielfeldt
Seiten: 376
Preis: 12,99 €


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