Ehrlich gesagt, hatte ich gar keine wirklich Lust, mir diese zweite Sendung anzuschauen. Das lag daran, dass mir die erste Sendung nicht sonderlich gefallen hat, zumal es gar nicht um die Bücher ging, sondern darum, wer der intellektueller Kritiker ist. Dann habe ich mich doch überwunden und reingeschaut und fand: Die zweite Sendung war zwar besser, als die erste,aber gefallen hat sie mir leider dennoch nicht.
Ich denke, dass sich für mich das Thema “Literarisches Quartett” damit erledigt hat. Ein Grund dafür ist, dass ich den gegenseitige Respekt der Akteure vermisse. Die Konstellation stimmt einfach nicht. Da sind drei Menschen zusammengewürfelt worden, die nicht zueinander passen. Es fehlt eine zwischenmenschliche Komponente. Der mangelnde Respekt bezüglich der geäußerten Meinungen aber auch der Personen an sich, überträgt sich auch auf mich als Zuschauer und ich nehme die Protagonisten dann einfach nicht mehr ernst. Das ist nicht gut.
Volker Weidermann ist mir zu wischiwaschi. Einerseits ist er bestimmt hochintellektuell, sonst wäre er ja nicht beim Spiegel, andererseits liest er auch Allende (für den Literatur-Spiegel), hat zwar viel an ihr kritisiert, aber fand sie im Großen und Ganzen gut. In seiner Seele ist er ein Romantiker, was sich auch zeigt, als er die Liebesgeschichte in Zeruya Shalevs “Schmerz” als hochromantisch lobte. Das aber nur so am Rande, denn worauf ich eigentlich hinaus will, ist, dass er zwar intellektuell ist und bestimmt sehr viel weiß, dies aber nicht rüberbringen kann. Was Biller zu viel hat, hat Weidermann meiner Ansicht nach zu wenig.
Als Repräsentanten einer literarischen Runde kann ich ihn leider nicht ernst nehmen und sehe in ihm irgendwie eher einen kleinen Jungen, der auch mal was sagen möchte. Es fehlt die Souveränität. Das finde ich schade. Vielleicht waren meine Erwartungen an ihn auch einfach zu hoch. Es ist bestimmt eine Bürde in der Nachfolge einer charismatischen Person wie Marcel-Reich Ranicki zu stehen.
Über die Personalie Maxim Biller ist eigentlich auch schon alles gesagt worden. Er spielt den ewig überheblichen Querulanten auf seinem hohen Roß. Was ich an ihm interessant finde, ist seine Titelauswahl. “Das fahle Pferd” wäre mir ohne ihn durch die Lappen gegangen.
Frau Westermann hingegen schätze ich, da sie sich für das Buch und das Lesen an sich einsetzt. Dennoch glaube ich, dass sie in diesem Format fehl am Platze ist. Ich sehe sie (wie bereits In der Besprechung der ersten Sendung angeführt) eher in einem anderen literarischen Format. Auf diese Äußerung hin wurde ich darauf aufmerksam gemacht (danke dafür), dass dieses Format bereits existiert: Sie bespricht Bücher im WDR 2. Hier geht es zu ihren Empfehlungen.
Alles in allem kann ich sagen, dass mir die gesamte Atmosphäre des Literarischen Quartetts zu destruktiv ist. Dass das Lesen und das Sprechen über Bücher Spaß macht, kommt leider nicht rüber.
Aus dem Blickwinkel der jetzt mal rein wirtschaftlich denkenden Buchhändlerin gesehen, denke ich auch, dass das diese Sendung kein Gewinn ist. Die Nachfrage nach den besprochenen Büchern war schon (so weit ich das mitbekommen habe) bei der letzten Sendung gering und ich fürchte, dass die Resonanz im Buchhandel auch nach der zweiten Sendung nicht größer sein wird. Das finde ich sehr schade.
Ich glaube ich werde es in Zukunft so machen, dass ich mich einfach im Vorfeld der Sendung darüber informiere, welche Bücher besprochen werden und mir die Bücher genauer anschaue. Da ich immer Freude daran habe zu Spekulieren, wer was ausgewählt hat, werde ich auch das tun. Aber anschauen werde ich mir die Sendung nicht, da rege ich mich dann nur auf und das hat ja keinen Sinn.
Eine Kollegin von mir meinte, es gäbe da eine andere Sendung, die Lust auf Bücher mache und zwar der “Literaturclub” im Schweizer Fernsehen, der auch auf 3sat läuft.
Die nächste Sendung ist am 24. November (SFR1) bzw am 29. November (3sat). Ich werde mir diese Sendung auf jeden Fall anschauen und berichten, denn mit diesem Quartett werde ich einfach nicht glücklich.
Abschließend und der Vollständigkeit halber hier noch eine Zusammenfassung der zweiten Sendung:
Zeruya Shalev: „Schmerz“
Vorgestellt wurde „Schmerz“ von Christine Westermann, die es großartig fand, wie es Zeruya Shalev gelingt, den Schmerz zu beschreiben. (Nur kurz zum Inhalt: Es geht um eine Israelin, die seit einem Attentat von Schmerzen geplagt wird, ihre verflossene große erste Liebe wiedertrifft und überlegt, ihre Familie für diese Liebe aufzugeben.)
Frau Westermann bezeichnete das Buch als: “ungestüm, lebendig und lebhaft”, gab aber zu, dass es manchmal knapp am Kitsch vorbeischramme.
Was natürlich Maxim Biller als Steilvorlage diente, denn er verglich “Schmerz” mit einer Soap und dem Sat 1 Film Film. Daraufhin verriet der Gast der Sendung (Ursula März) das Ende des Buches. Das fand ich sehr schade, denn eigentlich wollte ich es unbedingt lesen. Ich glaube, das hat sich jetzt erübrigt.
Frau März kritisierte das Ende des Buches als nicht glaubwürdig. Auch fand sie Shalevs Versuch politisch zu sein nicht gelungen.Das Attentat sei ein Fremdkörper im Roman.
Volker Weidermann fand gerade diese politische Seite sehr gelungen und empfand die Liebesgeschichte der Protagonistin als ein Plädoyer an das Land Israel nicht zurückzublicken, wunderbar romantisch.
Viel weitergeholfen haben mir die Ausführungen der Kritiker nicht und ich finde es sehr schade, dass das Ende des Buches verraten worden ist. Frau Westermann hat versucht zu verhindern, doch den anderen war es wichtig, das Ende zu analysieren.
Dies zeigt klar die Diskrepanz zwischen Frau Westermann und den anderen, denn sie ist eine Leserin, die Lust auf Bücher machen möchte, wohingegen die anderen Literaturkritiker sind, welchen es wichtig ist einen Text als Ganzes zu sehen und zu analysieren, ohne Rücksicht zu nehmen, dass der Zuschauer vielleicht das Buch nicht mehr lesen möchte, wenn er das Ende schon kennt. Aber darum geht es Kritikern wahrscheinlich gar nicht.
Ich versuche mich gerade daran zu erinnern, wie es beim Literarischen Quartett mit Marcek Reich-Ranicki gewesen ist. Wurde da auch viel verraten? Ich glaube, ich muß mir nochmal ein paar alte Sendungen ansehen…
Die Gedankenlabyrintherin hat dieses Buch übrigens sehr gerne gelesen. Hier geht es zu ihrer Besprechung.
Boris Sawinkow: „Das fahle Pferd“
“Das fahle Pferd” war, wie im Vorfeld vermutet, Maxim Billers Wahl. Es geht hier um einen Terroristen, der einen Anschlag vorbereitet. Maxim Biller beschrieb dieses Buch mit den Worten: “…Als hätte Hemingway einen Roman über die russische Armee geschrieben” und weiter: Es sei seinem Empfinden nach ungefähr so, als ob Andreas Baader einen Roman geschrieben hätte. (Zur Erklärung: Der Autor Boris Sawinkow selbst war Terrorist). Das Wichtigste an diesem Buch, so Biller, sei die Ehrlichkeit.
Genau dem widersprach Frau März und meinte, dass die Figur um Roman vollkommen selbstidealisiert und eine Art Prototyp des ersten, sich als Unternehmer verstehenden Terroristen sei. Des Weiteren unterstellte sie dem Autoren pseudophilosophisches Geschwafel, dass er sich zu viel bei Nietzsche und Dostojewski borge und Selbstidealisierung betreibe. Aha.
Biller fügte hinzu, wie genial er dieses Buch aus dramaturgischem Blickwinkel sei, denn der Protagonist liebt im Buch eine Spießerin und wird später selbst zum Spießer, in dem er das Morden aufgibt. Genau diese Liebesgeschichte kritisierte Frau Westermann als kitschig, lobte hingegen die Naturbeschreibungen. Woraufhin Weidermann meinte, dass das Gute am reden über Bücher sei, dass man verschiedene Meinungen habe.
Das Thema des Buches finde ich interessant. Allerdings wurde mein Interesse nicht durch die Diskussion der vier Kritiker ausgelöst, sondern durch die reine Ankündigung des Buches, welches ich nicht auf dem Schirm hatte. Ich werde bestimmt mal einen Blick hineinwerfen.
Eine interessante Besprechung dieses Titels gibt es übrigens bei Muromez.
Tilmann Lahme: „Die Manns – Geschichte einer Familie“
Wie bereits vermutet ist “Die Manns” der Titel, den Volker Weidermann ausgesucht hat.
Ich muß gestehen: Mit der Familie Mann habe ich mich bisher noch nicht wirklich befasst und ich könnte mir vorstellen, dass das Buch von Tilmann Lahme ein guter Einstieg für mich sein könnte, denn der Autor versucht sich hier an einer neuen Herangehensweise: Nicht eine Person steht im Mittelpunkt, sonder derer acht. Die gesamte Familie Mann.
Zum Beispiel geht es um Thomas Manns Erziehungsprinzip, dass die Ungerechtigkeit, die in der Welt herrsche auch und der Familie herrschen müsse. Monika Mann als tragische Figur eines Familienmobbings. Das klingt interessant.
Volker Weidermann sagte, dass er dieses Buch eigentlich eher als Roman gelesen habe und dass die Familie Mann ja ungeheuer modern gewesen sei: Immer online – in dem Sinne, dass alles immer gleich veröffentlicht worden ist und die Wahrheit der Familie in ihrer Literatur stattfinde.
Frau März hingegen kritisierte an diesem Buch, dass es nichts mit dem Werk von Thomas Mann zu tun habe und es die Grenze zwischen Interpretationsphilologie und Enthüllungsprosa überschreite. Nichtsdestotrotz sei es dramaturgisch gut gemacht.
Maxim Biller meinte, das Buch sei doch nur in Auftrag gegeben worden, damit sich die Werke Thomas Manns besser verkaufen. Des weiteren kritisierte er, dass nur geschildert werden würde, was den Menschen passiere und weder Analyse noch Reflexion stattfinde. Das wiederum fanden die anderen drei Kritiker nicht schlimm, denn sie läsen auch mal gerne ein leichtes Buch.
Das Gute an dieser Buchvorstellung fand ich, dass hier nicht zu viel verraten worden ist. Klar, das ist bei einem Sachbuch nicht schwierig und die Geschichte der Familie Mann ist hinlänglich bekannt, aber dennoch haben die Vier mir das Buch nicht zerredet und ich spiele mit dem Gedanken, es mir einmal näher anzuschauen.
In der Welt wurde dieses Buch bereits besprochen.
Verena Lueken
Verena Lueken: ” Alles zählt” ist das Buch, welches von Ursula März ausgesucht worden ist und man staune: Allen vier Kritikern hat es im Großen und Ganzen gut gefallen.
Es geht um eine Frau, die in New York lebt und (zum bereits dritten Mal) die Diagnose Krebs bekommt. Nüchtern und unsentimental sammelt sie nun ihr Leben zusammen: Die Filme die ihr wichtig sind, die Bücher, die sie schätzt etc. Zurück in ihrer Heimat Frankfurt setzt sie die schmerzlindernden Drogen ab, da sie das Gefühl hat, dass diese sie lähmen. Doch sie muß feststellen, dass sie auch ohne diese Mittel nicht sie selbst ist. Daraufhin tritt sie eine Reise nach Myanmar an.
Frau März hat die Art und Weise gefesselt, wie die Protagonistin um ihr Leben kämpft, indem sie Wert darauf legt, wach zu bleiben um menschliche Teilhabe zu erleben.
Maxim Biller lobte die Art, wie die Autorin die Kulturen zusammenbringe und hob die New York Beschreibungen besonders hervor. Genau diese wurde von Frau Westermann kritisiert, da sie das Gefühl habe, die Autorin habe einfach alte Kolumnen und alles was sie bereits zum Thema New York geschrieben habe einfach zusammengefasst in dieses Buch hineingestopft habe.
Volker Weidermann gefiel an diesem Buch besonders, dass es aufzeige, dass Literatur ein Überlebensmittel sein könne, zumal die Autorin viele amerikanische Schriftsteller zitiere und sie als Stütze des Lebens hervorhebe.
Dieses Buch klingt nicht schlecht. Einen Blick ist es auf jeden Fall wert.
Marina von literaturleuchtet hat dieses Buch bereits gelesen. Hier geht es zu ihrer Besprechung.
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2 thoughts on “Das Literarische Quartett – Warum ich mir die dritte Sendung nicht mehr anschauen werde”