Lizzie Doron: „Who the Fuck is Kafka“

Lizzie Doron: „Who the Fuck is Kafka“

Als Lizzie Doron bei einer Friedenskonferenz in Rom ist, lernt sie den arabisch-palästinensischen Journalisten Nadim kennen, der ebenfalls an dieser Konferenz teilnimmt und ein glänzender Redner und Erzähler ist.
Er berichtet von seinem Alltag in Ostjerusalem. Von seiner Frau, die Ostjerusalem nicht verlassen darf und nicht einmal ihre Familie in Gaza sehen kann. Von den stundenlangen Grenzkontrollen.

Bald wird Lizzie Doron klar, dass sie seine Geschichten gerne aufschreiben und mit ihm zusammenarbeiten würde. Sie möchte ein Buch über ihn schreiben und so vielleicht Frieden und Verständnis im Kleinen schaffen.

Die beiden vereinbaren, sich zu treffen und sich von einander zu erzählen.
So geschieht es auch: Nadim besucht Lizzie in Tel Aviv und ist erstaunt, dass das Treffen wirklich zu Stande kommt, denn schon oft ist er von einem Israeli eingeladen worden und kurz vorher kam etwas „dazwischen“.

Nun ist er zum ersten Mal bei einer Jüdin zu Besuch und stellt voller Verwunderung fest, dass sie drei volle Kühlschränke hat. Einen davon im Schutzraum, in den Lizzies Familie sich einsperrt, wenn der Alarm losgeht.
Lizzie erzählt ihm auch von ihrem Alltag. Dass zum Beispiel ihre Kinder während der Intifada nur mit dem Taxi zur Schule gefahren sind, denn vor Autobussen hatten sie Angst. Da diese ja in die Luft gesprengt werden könnten…

Nadim spielt mit dem Gedanken, eine Film zu drehen.  Über Lizzies und seine eigene Situation. Ein wunderbares Vorhaben. Aber schnell stellen beide fest, dass sie voller Vorurteile sind.
Langsam nähern sie sich aneinander an, doch oft stoßen die Verständigungsversuche an ihre Grenzen.

Ob das mit dem Filmprojekt klappen kann, ist die Frage, denn es werden ihnen viele Steine in den Weg gelegt und es gibt so viel zu bedenken. Die verfahrene Situation von Israel und Palästina macht alles unglaublich schwer.
Zum Beispiel steckt die Kamera tagelang an der Grenze fest und Lizzie muss sich gegenüber Nadims Vater als Italienerin ausgeben, um ihn besuchen zu können.

Auch ist es Nadim zum Beispiel nicht möglich, vom Haus seines Schwiegervaters aus mit Lizzie ein Treffen zu vereinbaren, denn von diesem Haus aus darf er nicht mit anderen Frauen, außer der Seinigen sprechen.
Und Lizzie hat sich die ganze Zeit gefragt, warum Nadim sich denn nicht meldet. An solch einen kulturellen Grund hatte sie natürlich nicht gedacht.
Mit dem Film ist es nicht so einfach, aber Lizzis Buchprojekt über Nadim gibt es.
Es liegt vor Euch.

Dieses Buch hatte ich bis vor drei Tagen noch gar nicht auf dem Schirm. Was wäre mir entgangen! Ich war die letzten Tage so gefangen in dieser angespannten Atmosphäre und hatte so viele Aha-Erlebnisse.
Es ist das erste Mal, dass ich in einem erzählerischen Buch das Bedürfnis hatte mir Stellen zu markieren, damit ich nochmal zurückblättern und mir vergegenwärtigen konnte: „Ach deshalb! So ist das also…!“

Heute hatte ich auch ein Gespräch mit einem Kunden, dessen Schwester vor Kurzem in Israel war. Sie erzählte, dass sie im Gespräch mit einem Palästinenser, der ihr seine Sicht der Dinge schilderte dachte: „Er hat Recht!“ .
Kurz darauf unterhielt sie sich mit einem Israeli und da dachte sie auch: „Er hat Recht!“.

Ich finde, das zeigt, wie schwierig dieses Thema und wie unlösbar dieser ganze Konflikt doch ist.
Aber Lizzie Doron hat diese Hürde glänzend gemeistert, denn sie veranschaulicht uns beide Seiten, die jeweilige Situation und die Hintergründe und lässt uns so verstehen.

Mir bleibt da wirklich nur noch zu sagen: Wenn ihr ein Buch zum Israel-Palästina Konflikt lesen wollt, dann lest dieses – es ist großartig!

» zur Leseprobe*

 » zum Interview mit Lizzie Doron in der Süddeutschen Zeitung


ISBN: 978-3-423-14484-1
Verlag: dtv
Erscheinungsjahr: 2016
Übersetzung: Mirjam Pressler
Seiten: 264
Preis: 10,90 €


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One thought on “Lizzie Doron: „Who the Fuck is Kafka“
Küste

Über die Besprechung von Mirna Funk „Zwischen Du und ich“ bin ich auf dieses Buch aufmerksam geworden.
Und da mir „Ruhige Zeiten“ von Lizzie Doron gut gefallen hat und aus der tagesaktuellen Situation heraus, habe ich mir das Buch kurzerhand gekauft.

Das Buch ist bereits 2015 erschienen und bezieht sich auf die Begegnungen der jüdischen Schriftstellerin mit einem muslimischen Palästinenser, die wiederum noch davon stattfanden.

Dennoch ist es erschütternd tagespolitisch und unbedingt als Lektüre zu empfehlen!

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