Ashley Audrain: “Der Verdacht”

Ashley Audrain: “Der Verdacht”

Ein Spannungsroman zum Thema Mutterschaft, Ehe, Familie und über eine Frau, deren Kind etwas…nunja…anders ist.
Super!

Blythe hat ihr Auto, wie so oft, an der gleichen Stelle angehalten.
Es ist bereits dunkel, doch die Vorhänge sind noch nicht zugezogen.
So kann ihr Blick ungehindert ins Wohnzimmer seiner neuen Familie fallen. Er ist glücklich, das sieht sie. Wer wäre es in seiner Situation auch nicht?!
Er hat jetzt das, was er immer wollte. Was ihm so wichtig war: Einen Sohn, seine Tochter Violet (deren Mutter Blythe ist) und eine neue Frau.
Eine neue Frau, die Violet liebt.

Violet ist die Einzige, die bemerkt hat, dass Blythe vor dem Haus parkt.
Sie wird es den anderen nicht sagen. Sie wird sich ans Fenster stellen und Blythe anstarren. Wie so oft.
Blythe wird zurück starren und versuchen, nicht als erste den Blick abzuwenden.
Doch wie immer, ist sie diejenige, die zur Seite schaut.
Violet gewinnt.
Wie immer…

Da ich unter anderem in der Kinder- und Jugendbuchabteilung arbeite, ist die Zeit nach dem 24. Dezember etwas Besonderes für mich.
Dann lege ich nämlich alle Kinderbücher zur Seite und “gönne” mir das, was ich mir in der Weihnachtszeit nicht gegönnt habe: Ich lese wieder Bücher für Erwachsene.
Kinder- und Jugendbücher sind toll, keine Frage, aber zwischendurch brauche ich Abwechslung.

Dass ich nach der letzten Weihnachtszeit “Der Verdacht” zur Hand genommen habe, war eher Zufall.
Thematisch habe ich mich etwas an Leila Slimanis “Dann schlaf auch Du” erinnert gefühlt – ein Buch, das mir sehr gut gefallen hat. Wahrscheinlich habe ich deshalb danach gegriffen.
Aber weshalb ich zu lesen begonnen habe ist eigentlich egal, wichtig ist nur, dass ich “Der Verdacht” nicht mehr weglegen konnte.
Genau so etwas habe ich gebraucht.
Keine hochkomplexen Themen, keine hochtrabenden Texte, keine seichte Liebesgeschichte, keinen normalen Krimi, kein Blutvergießen, sondern einen Spannungsroman. Einen Pageturner, der mich packt.

In diesem Buch geht es um Blythe und Fox, die sich während des Studiums kennen lernen und sehr schnell unzertrennlich sind. Es ist die große Liebe.
Blythe hätte eigentlich nicht gedacht, dass sie so etwas jemals erleben würde.
Sie genießt die Zeit mit Fox in vollen Zügen. Später wird sie sagen, dass diese unbeschwerte Zeit die schönste ihres Lebens war.
Dann heiraten sie.

Weil Fox unbedingt Nachwuchs will, beschließt Blythe dass sie diesen ebenfalls möchte.
Er ist davon überzeugt, dass sie eine gute Mutter sein wird und deshalb ist Blythe ebenfalls davon überzeugt. Also nach außen hin zumindest.
Über die Zweifel, die sich ihrem Inneren zusammenbrauen, spricht sie nicht.

Fox´ Familie ist perfekt. Seine Schwester und seine Eltern sind warmherzige Menschen, die sich lieben und viel Zeit miteinander verbringen. Fox möchte eine kleine Familie, die genauso ist.
Blythe weiß, das er nur mit einem eigenen Kind glücklich sein wird.
Wenn sie ihn nicht verlieren möchte, dann muss sie ihm diesen Herzenswunsch erfüllen.

Wenn Blythe ganz tief in sich hinein hört, spürt sie ja auch, dass er da ist. Der Wunsch ein Kind zu haben. Der Grund dafür ist aber ein anderer, als der ihres Mannes.
Es ist nicht die Sehnsucht nach einer Familie, die da in ihr schlummert. Es ist der Wunsch, sich und anderen zu beweisen, dass sie anders ist.
Anders, als ihre Mutter. Und ihre Großmutter. Anders als alle Frauen ihrer Familie.
Dass sie lieben kann und eine gute Mutter ist. Was immer das auch heißen mag.

Schließlich ist Blythe schwanger. Es wird ein Mädchen. Sie wird Violet heißen.
Als Blythe während der Geburt schreit, dass sie “es nicht möchte”, bezieht Fox dies auf die Geburt und die Schmerzen.
Blythe jedoch meint das Kind.
Sie möchte Violet nicht – und schnell stellt sich heraus, dass Violet Blythe ebenso wenig möchte.
Sie möchte nur eins: Ihren Vater. Fox.

Die beiden haben vom ersten Augenblick an eine ganz besondere Beziehung.
“Wir” hat nun eine andere Bedeutung.
“Wir” bedeutet weder “Fox, Blythe & Violet”, noch “Fox & Blythe”.
“Wir” bedeutet ab jetzt: “Violet & Fox”. Vater und Tochter.
Zwei gegen eins….

Natürlich wird in diesem Roman manches überspitzt, um Spannung aufzubauen. Manches jedoch auch nicht.
Das große Thema dieses Buchs ist das Thema der Mutterschaft – und die Rolle der Frau in der heutigen Zeit.

Für Fox ist klar, dass Blythe Zuhause bleiben wird, während er arbeitet.
Seine Mutter hat das ja genauso gemacht. Blythe ist Autorin – und schreiben kann sie schließlich auch, während sie sich um das Kind kümmert.
Ein Kind, das schreit und schreit und schreit.
Und die Brust der Mutter nicht möchte.

Für Blythe wird schnell klar, dass weder ihr Intellekt, noch sie als Person wichtig für die Familie ist. Sondern einzig und allein ihr Körper.
“Ich war eine Soldatin, die in Endlosschleife eine Reihe von körperlichen Aktivitäten ausführte. Windeln wechseln. Babymilch anrühren. Fläschchen erwärmen. Cheerios in Teller schütten. Das Chaos aufwischen. […]”.
Sie und Fox führen quasi zwei verschiedene Leben. Er hat seinen Job und eine Tochter die begeistert ist, wenn er nach Hause kommt.
Wenn Blythe bei ihr ist, ist Violet alles andere als begeistert.  Das Kind ist ihr gegenüber abweisend – eine ganz andere Person.

Blythe versucht ganz vorsichtig anderen zu erzählen, dass sie bei Violet ein ungutes Gefühl hat.
Aber niemand glaubt ihr. Klar, sie alle kennen auch nur die liebe Violet.
Vielleicht ist ja Blythe das Problem. Darüber müssen wir mal mit Fox reden….
Und dann nehmen die Dinge ihren Lauf….

Thematisch hat mich “Der Verdacht” an den Roman “Wir müssen über Kevin reden”* erinnert, den ich vor Jahren mit Begeisterung gelesen habe. (Die Verfilmung mit Tilda Swindon fand ich übrigens auch richtig gut.)
Auch hier geht es um eine Frau, die einen Sohn zur Welt bringt – und ein sehr ungutes Gefühl bei ihm hat. Sie kann es nicht genau benennen, aber ihr gegenüber benimmt er sich anders….

Dass mich Jahre nach diesem Leseerlebnis ein Buch mit ähnlicher Thematik nochmal so abholen würde, hätte ich nicht gedacht.
Ich habe Kapitel für Kapitel mitgefiebert und ab der Hälfte begonnen, mir die Seiten einzuteilen, weil ich länger etwas von der Story haben wollte.
Ich musste mich teilweise wirklich zwingen, mit dem Lesen aufzuhören.

Daumen hoch für „Der Verdacht“!

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ISBN: 978-3-328-60144-9
Verlag: Penguin
Erscheinungsjahr: 2021
Übersetzung: Ulrike Wasel, Klaus Timmermann
Seiten: 320
Preis: 22,00 €


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2 thoughts on “Ashley Audrain: “Der Verdacht”
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Marita Winkel

zuerst eine Entschuldigung: die Taste Zwischen A und C funktioniert nicht, deshal setze ich an diese Stellen das Zeichen _.
Mein Name ist Marisa. Ich war immer ein ruhiges kluges Mädchen, das _ei den Großeltern aufwuchs. Als ich 6 war, holten mich meine Eltern nach „Hause“, wo mich meine 3-jährige Schwester erwartete, paus_äckig, große laue Augen und damals schon dicker als ich war.
Alle sagten, ich müsse mehr essen, damals erkannte kein Arzt, daß mein Magen einen Fehler hatte. Immer wurde ich zum Essen gezwungen, in der Schule nannten sie mich“KZ-Gestalt“. A_er ich _egann, mich zu wehren (Dank an meinen Großvater, der mich Härte und Disziplin lehrte, als Invalide des 1. WK. und Großmutti, die mir das gerade Laufen und den Hof-Knix gelehrt hatte)
Meine Schwester war der Star, _ie, dick, rosig. Mich versteckten meine Eltern, wenn es ging….ich ekam mit fast 18 meine 1. Regel, dann fing die Hippie-Zeit an und es änderte sich alles….ich hatte Freundinnen, wuchs 10cm, hatte lange lockige Haare , alle wollten so dünn sein wie ich war.
Dann hatte ich viele Freunde und suchte nach einem typ, der aussah wie Mick Jagger. Den fand ich auch in der 12. Klasse.
_ _eim 1. Versuch wurde ich schwanger, wollte das Kind.
Dann fing das Schicksal an, ähnlich wie in diesem _uch. Nur mit dem Unerschied, ich hatte eine Schwiegermutter und eine Mutter, die Hausfrauen waren und das Kind gern nahmen. Unsere Väter waren Wissenschaftler , sie hatten wenig Zeit. Mein Mann mußte 18 Monate zur Armee und ich konnte mein Architektur-Studium _eginnen, mit 19.
Dann kam es, wie in dem _uch…iMeine Tochter wurde durch meine Mutter ganz _öse gegen mich eeinflußt.
Ich versuchte auch, alles runterzuspielen und nahm meine Tochter einfach mit. Da spürte ich so wie in dem Roman den Haß eines 2-jährigen Kindes.
Meine Entwürfe zeichnete ich immer auf Karton….eines Tages ließ ich das Kind für 10 min. allein, die Tür war offen, ich war nur ne_wnan , um eine Kommilitonin was zu fragen.
Als ich zurück war, hatte mein Kind meinen fertigen Entwurf mit ihren Filzstiften „aufgestylt“…..ich werde niiii diesen verschlagenen, wissenden, grinsenden Gesichtsausdruck vergessen.
Sie war 3 und hatte ihr eigenes Malzeug. Am Lie_sten hätte ich sie nach „Strich und Faden“ verdroschen. Tat ich nicht, allerdings wuchs in mir die Angst, so wie in dem Roman.
Weil ich mein Studium in der Regelzeit asolvieren wollte, _rachte ich das Kind doch wieder zu meiner Mutter, die sie mit Horror-Geschichten ü_er mich vollstopfte.
Ich war doch machtlos, als sie mir mit 14 erzählte, ich hätte sie jeden A_end mit _ier zum Schlafen ge_racht.
Es ist dieses Gefühl der Ohnmacht: man sieht Kleinigkeiten, hat ein mulmiges auchgefühl.
Später hat sie versucht, meinen guten Ruf als Architektin kaputt zu machen, meine Sachen zu zerstören und ihre Geschwister zu tyrannisieren. Ich hatte ständig Angst, sie würde eins ihrer Geschwister um_ringen, um mich leiden zu sehen.
A_er ich konnte das nicht mehr aushalten und schmiß sie raus, ich hatte eine Wohnung für sie. Das war meine Lösung dieser toxischen _eziehung. Zum Glück verlor ich kein anderes Kind.
Der Roman hat mich gepackt, nicht schlafen lassen und zum Heulen geracht
Marisa

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