Der junge Mann, der die Werke des berühmten und bereits verstorbenen Jeffrey Aspern herausgibt, ist besessen von dem Gedanken, dass es noch irgendwo Schriften des von ihm verehrten Dichters geben muss.
Recherchen haben ergeben, dass die einstige Geliebte des Dichters noch lebt und zwar in Venedig. Einen Brief mit der Bitte ihm zu sagen, ob sie in Besitz von Schriften Asperns ist, wurde von der Dame abgeschmettert – doch der junge Mann weigert sich aufzugeben. So reist er
selbst nach Venedig und überlegt fieberhaft, wie er sich der Dame nähern könnte.
Diese ist allerdings äußerst kontaktscheu und lebt mit ihrer Nichte alleine in einem großen, etwas heruntergekommenen Palazzo.
Schließlich kommt dem jungen Mann die Idee, er könne so dreist sein und einfach einmal anfragen, ob die Dame ihn als Untermieter in dem doch für zwei Personen viel zu großen Haus aufnehmen würde.
Und siehe da, überraschenderweise hat er Erfolg: Auf Geld springt die Dame an – ja sie fordert sogar ein Vermögen – viel zu viel für die doch bescheidenen Räumlichkeiten. Aber der junge Herr denkt nur an die Aspern-Schriften, die in den Gemächern der Dame vor sich hinschlummern könnten und bezahlt den geforderten Betrag.
Allerdings bekommt er die Dame und ihre Nichte erst nach vielen Tagen zu Gesicht, da sie ihm Räume zugewiesen haben, die sehr weit entfernt der ihrigen sind.
Aber er lauert ihnen auf und es glückt ihm, sich mit der sehr unbedarften Nichte mittleren Alters zu unterhalten.
Diese jedoch ist den Kontakt mit Menschen (besonders mit Männern) nicht gewohnt. Sie fühlt sich zum ersten Mal im Leben umworben und versteht in ihrer Naivität nicht, dass der junge Mann ganz andere Absichten hegt. Auch nicht, als er ihr von den Aspern-Schriften erzählt und jeder andere eins und eins zusammenzählen würde…
Henry James wurde erstmals 1888 veröffentlicht und es ist unglaublich, wie modern und aktuell er ist. Seine Sprache ist fein komponiert und sehr elegant. Die Figuren sind wunderbar vielschichtig und psychologisch ausgefeilt gezeichnet.
Besonders die Art und Weise, wie er die ehemalige Geliebte Asperns (die sehr unterschiedliche Facetten hat und ein nicht gerade einfacher Charakter ist) beschreibt, ist faszinierend.
Bemerkenswert ist auch, wie Henry James das Setting, sprich Venedig, literarisch ausmalt.
Wir bekommen nicht das touristische Venedig serviert, (obwohl der Baedeker auch Erwähnung findet) sondern das Venedig abseits des Markusplatzes.
Das Venedig, das nicht so glamourös ist und dessen Palazzi nicht strahlen, sondern schon etwas abblättern. So schafft er eine unglaublich intensive und ganz besondere Atmosphäre, in welcher unsere drei Hauptpersonen fast schon wie in einem Kammerspiel agieren.
Und der Schluss hat es in sich…
„Die Aspern-Schriften“ ist ein Klassiker, den Oskar schon seit Jahren auf seiner Lese-Liste hat. Nun endlich habe ich diesen Roman gelesen und ich bin beeindruckt – ein sehr faszinierendes Buch.
ISBN: 978-3-293-20935-0
Verlag: Unionsverlag
Erscheinungsjahr 2022
Seiten:192
Übersetzung: Bettina Blumenberg
Preis: 13,00 €
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