Haben wir nicht alle schonmal von einer einsamen Insel geträumt? Von weißen Stränden, kristallklarem Wasser, Palmen und Sonnenschein?
Für Lincoln ist dieser Traum wahr geworden, doch es sind nicht der Strand, das Wasser oder das Wetter, über das er sich freut. Es könnte auch hageln und blitzen, das wäre ihm egal.
Das einzig Wichtige für ihn ist: Sie sind alle nicht mehr da. Er ist der einzige, der überlebt hat.
Drei Jahre lang haben sie ihm das Leben zur Hölle gemacht und gemobbt, wo es nur ging. Jetzt ist er sie los. Endlich!
Bis zu seinem dreizehnten Lebensjahr, wurde Lincoln Zuhause unterrichtet.
Das funktionierte richtig gut, doch dann mussten seine Eltern feststellen, dass sie ihrem Sohn auf bestimmten Gebieten nichts mehr beibringen konnten. Außerdem fanden sie, dass Lincoln der Umgang mit Gleichaltrigen fehle.
Schließlich fanden sie heraus, dass es eine Privatschule gibt, die von Dozentenkindern (Lincolns Eltern arbeiten an der Universität) gebührenfrei besucht werden kann.
Klingt doch gut, oder?
Da Lincoln noch nie auf einer Schule war, freut er sich auf den ersten Tag dort.
Allerdings muss er gleich feststellen, dass Sport in Osney das Allerwichtigste ist. Und wenn es eins gibt, worin Lincoln jegliche Begabung fehlt, dann ist das….ihr ahnt es schon…klar: SPORT.
So nimmt das Drama seinen Lauf: Lincoln wird von Tag eins an gemobbt.
Klar, dass er sich nicht auf das jährlich stattfindende Schul-Sommercamp freut.
Wie es sich für die Eliteschule gehört, fährt man nicht mit dem Zug dorthin, sondern chartert ein Flugzeug.
Genau dieses Flugzeug ist jetzt abgestürzt und anscheinend hat nur Lincoln alleine überlebt.
So wandert er alleine den Strand entlang, überlegt sich, wie er die Insel nennen könnte und was er alles machen wird, als er etwas entdeckt…einen Fußabdruck.
Scheiße. Er ist doch nicht alleine.
Und dann sieht er sie, sie alle.
Warum kann er denn nicht einmal Glück haben….
Gut, Flugzeugabstürze, nach welchen sich der Protagonist alleine, oder mit seinen Freunden durch die Wildnis schlagen muss, (oder auf einer einsamen Insel landet) kennen wir ja zur Genüge.
Was das Jugendbuch anbelangt so fallen mir zum Beispiel “Allein in der Wildnis”*(Gary Paulsen),
„Mitten im Dschungel“*(Kathryn Rundell), “When we were lost”*(Kevin Wignall) oder “Verloren am Amazonas” *(Andreas Schlüter) ein.
Im Erwachsenenbereich gibt es zum Beispiel “Cloris”*(Rye Curtis) oder die Biografie von Juliane Koepcke „Als ich vom Himmel fiel“* .
Was die Thematik der einsamen Insel anbelangt, so kann man ja gar nicht anders, als an “Robinson Crusoe” zu denken. Daniel Defoe veröffentlichte diesen Roman (übrigens seinen ersten) 1719 im Alter von 59 Jahren und machte sich literarisch gesehen unsterblich.
Ich muss gestehen, dass ich “Robinson Crusoe” nicht gelesen habe. Daher musste ich schmunzeln, als ich gerade während des Recherchierens erfuhr, dass der Seefahrer, nach dessen Vorbild die Figur Robinson Crusoe geschaffen wurde Alexander Selkirk heißt.
Warum ich das erwähnenswert finde?
Lincoln, die Hauptfigur von “Sieben” (den Roman, den ich hier eigentlich besprechen möchte, aber zugegebenermaßen gerade vom Thema abschweife) heißt mit Nachnamen, ja genau: Selkirk.
Wieder was gelernt!
Lincoln hat Robinson Crusoe natürlich gelesen (er liest ohnehin sehr viel und interessiert sich für viele Dinge, aber eben nicht für Sport) und auch William Goldings Klassiker
“Herr der Fliegen”*.
Das ist das zweite Buch, an das ich denken musste, als ich mir den Klappentext von “Sieben” durchgelesen habe.
Denn sowohl in “Sieben”, als auch in “Herr der Fliegen”, geht es um eine Gruppe britischer Schüler, die einen Flugzeugabsturz auf einer einsamen Insel überleben.
Egal, ob wir uns im Jahr 1954, oder 2020 befinden, die Themen, die einen beschäftigen, wenn man auf einer einsamen Insel strandet, sind die Gleichen: Wie komme ich von hier weg? Was kann ich tun, um andere auf meine Situation aufmerksam zu machen? Wo bekomme ich etwas zu Essen und zu Trinken her? Und: Wie mache ich Feuer?
Smartphones sind in dieser Situation nutzlos, denn auf welcher einsamen Insel im Nirgendwo gibt es WLAN, oder eine Steckdose zum aufladen?!
Jetzt könnte man meinen, gut, M.A. Bennett erzählt in “Sieben” einfach “Herr der Fliegen” neu. Davon, wie verschiedene Schüler versuchen einander die Macht zu entreißen, Herr über die Gruppe zu werden, alle Hemmungen verlieren und die Insel in Gewalt versinkt.
Teilweise mag das sein, aber eben nicht ganz. Dann wäre “Sieben” ja langweilig.
Allerdings will ich nicht unter den Tisch fallen lassen, dass es auch Stellen gab, die sich etwas in die Länge gezogen haben. Man hätte das Buch hier und da straffen können.
Jedoch greift M.A. Bennett tief in die Trickkiste und hat mich gleich zwei, nein drei Mal mit einer Wendung überrascht, mit der ich nicht gerechnet hatte.
Das fand ich richtig gut.
Des weiteren hat M.A. Bennett als Tour-Designerin von u. A. U2 und den Rolling Stones gearbeitet und dass sie Musik sehr mag, merkt man diesem Buch auch an.
Lincoln hört im Radio immer eine Sendung, die “Desert Island Discs” heißt und die es wirklich gibt. Seit 1942.
In dieser Sendung ist in jeder Woche “ein anderer Prominenter zu Gast, der sich vorstellen soll, dass es ihn als Schiffbrüchigen auf eine einsame Insel verschlägt.”
Der Gast wird dazu aufgefordert ein Buch, einen “Luxusgegenstand” und acht Musikstücke auszusuchen, die er auf diese Insel mitnehmen würde.
Als diese Sendung im Buch das erste Mal erwähnt wurde, kam ich gar nicht umhin, mir zu überlegen, welche Songs ich mitnehmen würde.
Das hat mir viel Spaß gemacht. (Noch mehr Spaß hätte ich dabei wahrscheinlich gehabt, wenn ich den “Desert Island Discs” – Abschnitt tagsüber und nicht drei Minuten, bevor ich abends im Bett das Licht ausgemacht habe, gelesen hätte und somit meine Nachtruhe drastisch verkürzte).
Allerdings variierte meine Liste stark. Hier sind die drei Songs , die ich auf jeden Fall mitnehmen würde:
- The Struts: “Ashes”
- Yellow Cap: “Feel the same”
- Guns n´Roses: “Estranged”
Das Tolle ist, dass man im Roman erfährt, welche Titel jeder der gestrandeten Schüler auswählen würde. Das ist sehr inspirierend, denn so kommt man auf Songs, die man vielleicht gar nicht auf dem Schirm hat.
Oder nicht weiß, wie der Song heißt und von wem er ist, diesen aber schon lange gut findet…wie in meinem Fall.
Ich glaube, ich frage jetzt ab und an mal andere, welche Songs sie auswählen würden. Das ist bestimmt eine Bereicherung. Schon alleine dafür hat sich die Lektüre dieses Buch gelohnt.
Ab 14 Jahren.
ISBN: 978-3-401-51229-7
Verlag: Arena
Erscheinungsjahr: 2021
Seiten: 400
Preis: 10,00 €
Weitere Bücher zum Thema Mobbing:
- Lea-Lina Oppermann: Was wir dachten, was wir taten
- Anne Feytag: Das Gegenteil von Hasen
- Kate Scelsea: Fans des unmöglichen Lebens
*Affiliate Link
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