Kate Scelsea: “Fans des unmöglichen Lebens”

Kate Scelsea: “Fans des unmöglichen Lebens”

Manchmal lese ich Buch und denke: “Oh, das war aber spannend!” oder “Die Story war richtig gut!”.
Und dann gibt es diese Bücher, die in mir etwas auslösen, die mich mithoffen und mitleiden lassen. Bücher, die wirklich tiefe Emotionen wecken.
“Fans des unmöglichen Lebens” ist so ein Buch.

Mira hat sich fest vorgenommen, nicht gleich am ersten Tag wieder zur Krankenschwester zu rennen und sich dort auf die Liege zu legen. Oder besser gesagt, um sich zu verstecken. Um unsichtbar zu werden und nicht den Vermutungen andere ausgeliefert zu sein.
Bis zur Mittagspause hat sie es auch geschafft.
Dann ging es einfach nicht mehr. Aber immerhin.

Auch Jeremy ist heute zum ersten Mal wieder an der St.Francis.
Nach diesem ganzen Mist mit seinem Schließfach hat er sich einige Zeit nicht an der Schule blicken lassen. Wer diese Aktion initiiert hat, ist bis heute unklar. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass am Tag seiner Rückkehr keiner mit ihm spricht.
OK, Jeremy gibt auch niemandem einen Anlass dazu, denn er hält seinen Blick immer schön gesenkt.
Schön unsichtbar bleiben. Na bitte, klappt doch.

Sein Lehrer Peter sieht in dieser Strategie allerdings keine Option. Er möchte, dass Jeremy mit anderen spricht und nicht nur die Zeit totschlägt bzw. wartet, bis er ins Kunstatelier gehen und dort zeichnen kann.
Deshalb schlägt er Jeremy vor, eine Art Kunstkurs ins Leben zu rufen. Er argumentiert damit, dass Jeremy doch auf diese Weise selbst viel mehr Zeit im Atelier verbringen könnte.

Jeremy ist schon klar, dass Peter das nur vorschlägt, um ihn dazu zu bekommen, mit anderen Leuten zu sprechen, doch mehr Zeit im Atelier zu haben, ist wirklich verlockend.
Deshalb geht er darauf ein und beginnt damit, zehn Leute zu suchen, die sich für einen solchen Kunstkurs interessieren könnten. Das war Peters Bedingung.

Als ihm Mira vor der Schule begegnet, überwindet er sich und fragt sie, ob sie vielleicht an einem solchen Kurs Interesse habe. Zu seiner Verwunderung, sagst sie ja und gibt ihm ihre E-Mail-Adresse.
Kurz darauf taucht Miras bester Freund Sebby auf, der eigentlich auch in der Schule sein sollte.
Nicht auf der St. Francis, denn hierbei handelt es sich um eine Privatschule, die Geld kostet, oder für die man ein Stipendium benötigt.

Von beidem ist Sebby weit entfernt. Genauso wie von dem Klassenzimmer, in welchem er sich gerade befinden sollte. Geld und Ehrgeiz besitzt Sebby nicht. Aber eine ganz gehörige Portion Charme, Wortgewandtheit und Esprit.
Als Mira Sebby erzählt, dass Jeremy sie zu einer Art Geheimgesellschaft (dem Kunstkurs) eingeladen hat, meint er: “Oh, wenn das so ist […] Sebastian Tate, Sebby. Wenn Du einen Geheimbund gründen möchtest, dann wirst Du mich sicherlich als Sekretär haben wollen.”

Während dieser Worte hält er zur Begrüßung Jeremys Hand. Dann führt er diese an seine Lippen, lässt sie los und geht, nicht ohne Jeremy versichert zu haben, dass er definitiv an seinem Kunstkurs teilnehmen wird.
Jeremy kann nichts antworten. Sein Kopf ist leer und gleichzeitig so gefüllt.
Gefüllt mit dem Gedanken, dass Sebby so vollkommen mühelos, ja regelrecht beiläufig mit ihm geflirtet und seine Hand geküsst hat….

Wer jetzt glaubt, dass es sich bei diesem Roman um eine ins Kitschige abdriftende Love-Story handelt, der liegt falsch. Wäre dem so, dann hätte ich die Lektüre schnell abgebrochen.
Natürlich spielen Gefühle hier eine große Rolle – und nicht zuletzt die des Lesers.
Hätte ich obige Szene in so manch anderem Roman gelesen, hätte ich bestimmt gedacht: Mein Gott, es tropft ja bereits aus dem Buch!
Hier aber war es anders. Ich habe zusammen mit Jeremy diesen Moment der Verblüffung und Freude über diese wirklich unerwartete Situation gefühlt. Und gemeinsam mit ihm der nächsten Begegnung mit Sebby entgegengefiebert.

Abwechselnd erzählen uns die drei Protagonisten, weshalb sie so sind, wie sie sind. Dabei erfahren wir, dass ein jeder von ihnen es nicht leicht im Leben hat.
Auch und vielleicht sogar besonders Sebby. Sebby, der bei einer Pflegemutter lebt, mit der er nicht klar kommt, der klaut, Drogen nimmt und alles tut, um nur einen Moment lang zu vergessen, wie beschissen sein Leben doch ist…

Der Verlag schreibt über dieses Buch, dass es etwas für alle Leser des Kultromans „Das also ist mein Leben“* von Stephen Chbosky ist.
Ich liebe dieses Buch sehr. (Es gibt auch eine Verfilmung mit Emma Watson. Sie trägt den Titel Vielleicht lieber morgen* und ist meiner Ansicht nach genauso großartig, wie der Roman, was ich nicht gedacht hätte!)
Deshalb kann ich die Aussage des Verlags auch genauso unterschrieben und empfehle hiermit allen, die Stephen Chboskys Roman auch so schätzen die Lektüre von “Fans des unmöglichen Lebens”.

Was man vielleicht wissen sollte ist, dass Sex eine gewisse Rolle in dieser Geschichte spielt. Außerdem ist es ein Buch, das etwas mit seinen Lesern macht. Vielleicht spürt man Hoffnung, Freude, aber vielleicht spürt man auch Traurigkeit beim Lesen. So ging es mir zumindest.

In jedem Fall ist es ein Buch, das berührt und das einem klar macht, dass wir niemals wissen werden, was wirklich in einem anderen Menschen vorgeht.
Warum er oder sie f vollkommen unverständlich agiert, oder andere verletzt.
Oder sich selbst.

Mich jedenfalls hat dieser Roman sehr berührt.
Deshalb ist er für mich ein Highlight des Jahres 2020.

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ISBN: 978-3-570-16421-1
Verlag: cbj
Erscheinungsjahr: 2020
Übersetzung: Catrin Fischer
Seiten: 384
Preis: 18,00 €


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