Die Kanadierin Lisa Moore hat bereits einige Werke veröffentlicht und war unter anderem mit ihrem Roman “Und wieder Februar” für den Booker-Prize nominiert. “Das Glück hat vier Farben” ist ihr erstes Jugendbuch, dem man anmerkt, dass es das Werk einer renommierten und sprachgewandten Schriftstellerin ist.
Flannery und Tyrones Mütter haben ihre Kinder im Abstand weniger Stunden im Krankenhaus zur Welt gebracht. Sie teilten sich eine Milchpumpe, waren beide alleinerziehend und ließen die Kinder miteinander spielen, bis Tyrone aufgrund seines Wohnortes in eine andere Schule kam, als Flannery.
Seitdem hatten Flannery und Tyrone keinen Kontakt mehr, doch nun ist Tyrone wieder da. Zu Beginn der zehnten Klasse hat er die Schule gewechselt und ist nun mit Flannery in einer Klassenstufe.
Aber er hat sich verändert: Er ist cool, wild und sorgt dafür, dass die Mädchen länger an ihren Spinden verweilen, wenn er sich auf dem Flur befindet.
Als Flannery beobachtet, wie er vom Schokoriegel einer Mitschülerin abbeißt, da macht es bumm in ihrem Herzen und sie muß sich eingestehen, dass sie schon immer in ihn verliebt gewesen ist.
Der Zufall will es, dass sie und Tyron im BWL Unterricht ein Team bilden sollen, um gemeinsam an einem Projekt zu arbeiten. Flannery ist überglücklich.
Doch Tyrone scheint an diesem Projekt nichts zu liegen. Flannery macht die ganze Arbeit und findet immer wieder Entschuldigungen dafür, weshalb dieser wunderbare Typ nicht zu den Projekttreffen kommt und nicht auf ihre Anrufe reagiert.
Gerne würde sie mit ihrer besten Freundin Amber darüber sprechen, doch diese interessiert sich nur für ihren neuen Freund. Gary hier, Gary da.
Flannery versucht eine gute Freundin zu sein und immer interessiert zuzuhören, doch als Amber ohne sie auf Konzerte geht und lieber mit Garys Freunden abhängt, da schmerzt ihr das Herz schon sehr.
Warum läßt Amber sie außen vor, weshalb vernachlässigt sie ihren liebsten Sport, das Schwimmen, zumal sie bisher jede freie Minute trainiert hat und warum geht sie nicht mehr ans Telefon, wenn Flannery anruft?
In diesem Buch geht es unter anderem um die verschiedene Spielarten der Liebe: Unerwiderte Liebe, besitzergreifende Liebe und blinde Liebe. Flannery ist in Tyrone verliebt, ohne zu merken, dass er sie nur benutzt, Amber ist Gary blind verfallen und realisiert gar nicht, was für ein Mensch er ist – er, der stocksauer wird, wenn Amber mal nicht zu einem seiner tausend Basketballspiele erscheint.
Die Mädchen in diesem Buch geben und geben und merken nicht, dass nichts zurückkommt, bzw. wollen es nicht merken.
Ein weiteres Thema ist das soziale Ansehen bzw. die Ausgrenzung: Flannerys Mutter ist alleinerziehend, Künstlerin und lebt von der Sozialhilfe. Des Weiteren denkt sie im Umgang mit dem wenigen Geld, das sie hat nicht wirklich praktisch und kauft Flannerys jüngerem Bruder eine kleine Drohne, obwohl sie weiß, dass Flannery für den Biologieunterricht dringend ein Buch benötigt. Doch für das ist kein Geld mehr da.
In dieser Beziehung sind die Rollen verkehrt, denn eigentlich ist Flannery die Mutter und ihre Mutter das Kind. Das ist nicht einfach. Flannery ist gezwungen erwachsen und vernünftig zu denken und bekommt diesen Stempel auch in der Schule nicht los. Immer ist sie diejenige, die mahnt und dazu aufruft, noch einmal nachzudenken. Doch das Schlimmste ist der Moment, als Amber ihr vorwirft ein Sozialfall zu sein.
Das trifft Flannery hart, zumal sie es immer war, die Amber aufgebaut hat, wenn ihre Mutter mal wieder betrunken war. Sie ist enttäuscht und das ist vielleicht das Thema, das in diesem Buch über allem steht: Enttäuscht von einem Menschen zu sein, den man eigentlich gut zu kennen und zu lieben meint.
Diese Enttäuschungen beschreibt Lisa Moore sehr intensiv und schont ihre Leser nicht. Dies ist kein rosarotes Buch, in welchem am Ende alles gut wird. Es beschreibt den Alltag, die Realität und die ist nun mal kein Disney Film, in welchem die Protagonisten am Ende glücklich zusammen in den Sonnenuntergang reiten.
Genau das ist es, was mir an diesem Werk so gut gefallen hat: Es ist echt und sehr gut geschrieben – etwas anderes hätte ich von einer Schriftstellerin wie Lisa Moore aber auch nicht erwartet.
Ab 14 Jahren.
ISBN: 978-3-7373-5480-6
Verlag: Sauerländer
Erscheinungsjahr: 2017
Übersetzung: Maren Illinger
Seiten: 368
Originaltitel: Flannery
Preis: 16,99 €
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