Joyce Carol Oates: “Pik-Bube”

Joyce Carol Oates: “Pik-Bube”

Dass Joyce Carol Oates Romane toll sein müssen, war eigentlich klar. Dass die amerikanische Autorin aber die Spannung so hoch halten kann, war mir vor dieser Lektüre nicht bewusst.
Super!

Andrew J. Rush ist Bestseller-Autor. Seine Bücher sind im Bereich Krimi/Thriller angesiedelt, wobei sie gerne einen Schuss Horror enthalten. Aber nur dezent. Außerdem sind seine Bücher niemals obszön, eklig, oder verstörend. Am Ende siegt immer das Gute – drauf können sich seine Leser verlassen.

Dass ihn diverse Zeitungen als “Stephen King für Bildungsbürger” bezeichnen, schmeichelt ihm sehr. Allerdings ist Andrew bewusst, dass seine Verkaufszahlen im zweistelligen Millionenbereich liegen, während Stephen Kings Absätze dreistellig sind.
Geld hat Andrew jedenfalls genug, aber mit Stephen King gleichzuziehen, wäre schon toll. So wird nicht müde weiter zu schreiben. Manchmal sind es zehn Stunden am Tag.

Eine weitere Ähnlichkeit zwischen den beiden Autoren ist, dass sie sich jeweils ein Alter Ego zugelegt haben, unter dem sie Bücher schreiben, die etwas experimenteller sind als ihre bisherigen.
Dass hinter dem Namen “Richard Bachman” Stephen King steckt, ist allgemein bekannt, doch dass Andrew Rush unter dem Pseudonym “Pik-Bube” schreibt, weiß niemand.
Nicht einmal die Verleger wissen, wer hinter diesem Namen steckt, denn Pik-Bubes Krimis sind ganz anders als Andrews bisherige Werke: Vulgär, blutig, schockierend und obszön. Er selbst sagt dass, er die Horrorromane von Pik-Bube abstoßend finden würde, hätte er sie nicht selbst verfasst.
Aber sie verkaufen sich erstaunlich gut.

Dann kommt der Tag, an welchem eine Vorladung ins Haus flattert. Jemand namens C.W. Haider beschuldigt Andrew J. Rush, dass alle seine Krimis Plagiate seien.
Da dreht Andrew durch….

Joyce Carol Oates ist bereits vielfach ausgezeichnet worden und ihr Name fällt verlässlich, wenn darüber spekuliert wird, wer den Literatur-Nobelpreis bekommen wird.
Bisher hatte ich noch nichts von ihr gelesen und hätte ich gewusst, wieviel Spaß ich bei der Lektüre habe, hätte ich schon viel früher zu einem ihrer Werke gegriffen.

Wie sie sich Andrew J. Rush hineinversetzt (“Pik-Bube” ist aus der Sicht des Bestseller-Autors geschrieben) ist toll gemacht.
Erst denkt man naja, das ist ein bodenständiger Schriftsteller, der ein Buch nach dem anderen schreibt, doch dann bekommt dieses Bild langsam Risse.
Auf der Vorladung kann Andrew nicht herauslesen, wie genau die Anklage lautet. Das macht ihm wahnsinnig und er kommt aus seinem Gedankenkarussell nicht mehr heraus. Er hat noch nie etwas gestohlen! Oder doch…?

Auch sein Anwalt kann ihn nicht beruhigen und rät ihm dazu, gar nicht erst bei Gericht aufzutauchen, das würde nur Probleme geben. Woran sich Andrew natürlich nicht hält und sich inkognito in den Gerichtssaal schleicht. Er möchte diese Verrückte, die ihn des Diebstahls bezichtigt persönlich sehen.
Aber wer ist denn hier eigentlich verrückt? Andrews Frau Irina hat anklingen lassen, dass sie sich Sorgen um ihren Mann macht. Sie höre oft eine flehend klingende Stimme aus Andrews Arbeitszimmer, während dieser sich absolut sicher ist, dass er überhaupt nichts gesagt hat…

Dieses Szenario ist spannend und gleichzeitig extrem unterhaltend, denn wir bekommen einen Einblick in das Leben eines Schriftstellers, der seine Romane nach Schema F abarbeitet und damit sehr erfolgreich ist.
Allerdings nicht so erfolgreich wie Stephen King – und das nagt an ihm, obwohl er es (auch vor sich selbst) nicht zugeben möchte.
Was er auch nicht zugeben kann ist, dass es seine Frau ist, die ihm die Ideen für seine Bücher liefert – und dass sie sich immer weiter von ihm entfernt.
Die Frage ist: Kann er das zulassen?
Bzw. kann Pik-Bube das zulassen…?

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ISBN: 978-3-426-28187-1
Verlag: Droemer
Erscheinungsjahr: 2018
Übersetzung:  Frauke Czwikla
Preis: 19,99 €


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2 thoughts on “Joyce Carol Oates: “Pik-Bube”
ully

Das erste Buch das ich von Joyce Carol Oate gelesen habe war „Bellefleur“ – ich war begeistert…

Friederike

Vielen Dank für den Tipp!

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