In diesem Jahr habe ich einige richtig gute Bücher gelesen, doch meine Nummer eins stand schon im August 2017 fest.
Hier sind sie, meine Highlights des Jahres 2017:
Deborah Feldman: “Überbitten”
2016 war Deborah Feldmans erstes Buch “Unorthodox”, in welchem sie von ihrer Kindheit und Jugend in einer ultraorthodoxen Gemeinde in New York berichtet, meine absolutes Lieblingsbuch.
2017 legte sie nach und erzählt in “Überbitten” davon, wie es ihr nach dem Ausstieg aus der Gemeinde erging und wie es kam, dass sie in Berlin eine neue Heimat gefunden hat.
Ich weiß noch, wie ich auf dem Balkon saß und Seite um Seite inhaliert habe. Was für ein Leben, was für eine Schriftstellerin, was für ein Buch!
Pure Begeisterung!
Mariana Leky: “Was man von hier aus sehen kann”
Ich muß ja gestehen, dass mir der Plot dieses Romans zunächst seltsam erschien: Eine Frau träumt von einem Okapi und immer, wenn das der Fall ist, stirbt in den nächsten 24 Stunden ein Bewohner des Dorfes.
Daher beginnen alle in jenem Ort, ihre Angelegenheiten zu regeln und gestehen sich Dinge, die sie am nächsten Tag am liebsten zurücknehmen würden.
Ich bitte darum, jegliche Skepsis über Bord zu werfen, denn wir haben es hier mit einem sehr intelligenten, humorvollen Buch zu tun, dem etwas sehr Seltenes gelingt: Es macht einfach glücklich.
Wunderbar!
Ottessa Moshfegh: “Eileen”
Eileen arbeitet in den 60er Jahren in einem Jugendgefängnis und ist wütend. Sie hasst alles und jeden, aber vor allem sich selbst und ihr Leben.
Dann taucht die wunderschöne und eloquente Rebecca auf. Doch das alles ist nur Fassade, denn Rebeccas Gedanken und Absichten sind gefährlich…
Ein düster-funkelndes Meisterwerk! Brillant!
Ayelet Gundar-Goshen: “Lügnerin”
Nuphar ist nicht wahnsinnig hübsch, aber auch nicht häßlich. Jedoch ist sie sehr unscheinbar und ihr Leben alles andere als aufregend.
Von ihrem Job in der Eisdiele hatte sie sich auch mehr erhofft, denn bisher ist nichts passiert, was sie ihren Mitschülern nach den Sommerferien erzählen könnte.
Bis ein frustrierter Mann die Eisdiele betritt und Nuphar zum bekanntesten Mädchen Israels wird.
Mithilfe einer Lüge…
Die israelische Schriftstellerin hat die Gabe wunderschöne Sätze zu schreiben.
Ein ausgesprochen charmantes, großartiges Buch.
China Miéville: “Dieser Volkszähler”
Ein Junge lebt mit seinen Eltern auf einem Berg. Eines Tages kommt er ins Dorf gerannt und sagt, sein Vater habe seine Mutter umgebracht – oder umgekehrt. Er ist fest davon überzeugt, dass an seinen Händen klebt, doch es stellt sich heraus, dass es sich nur um Dreck handelt.
Was ist auf dem Berg geschehen?
China Miéville kreiert hier eine düstere, postapokalyptische Welt, in die ich vollkommen eingetaucht bin und die mich ein bisschen an die Stories von H.P. Lovecraft rinnert hat. Ganz großes, meisterhaft geschriebenes Kino.
Kanae Minato: “Geständnisse”
Yuko Moriguchi verkündet ihrer Klasse, dass sie ihren Job aufgeben wird. Zu groß ist die Trauer, denn ihre kleine Tochter ist im Schwimmbad der Schule ertrunken.
Das Ganze wurde als Unfall deklariert, doch Yuko weiß, dass zwei ihrer Schüler schuld daran sind, dass ihr Kind nicht mehr lebt.
Und so rächt sie sich auf perfide Art und Weise.
Ein böser und gemeiner Spannungsroman, in welchem man auch etwas über Japan lernt.
Super!
Lawrence Osborne: “Denen man vergibt”
Unter den Augen der einheimischen Angestellten wird eine ausschweifende Party in der Wüste von Marokko gefeiert.
Der Autor läßt hier zwei Welten aufeinanderprallen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und das macht den Reiz dieses leicht zynischen Romans aus, den ich ohne das Literarische Quartett nicht entdeckt hätte.
Das Personal dieses Buches ist übrigens zum Großteil unsympathisch – das liebe ich ja sehr.
Graham Swift: “Ein Festtag”
Jane arbeitet im Jahre 1924 als Dienstmädchen und obwohl sie Waise ist, hat sie (wie alle Dienstboten) am Muttertag frei. Während alle anderen jedoch nach Hause fahren, fährt sie zu einem Anwesen in der Nachbarschaft, um einen letzten frivolen Nachmittag mit dem Sohn des Hauses zu verbringen.
Denn der junge Mann wird in den nächsten Tagen heiraten…
Ich hatte beim Lesen das Gefühl, in einem Roman zu stecken, der Anfang des 20.Jahrhunderts geschrieben worden ist. Das ist eine große Kunst. Toll!
Pierre Lemaitre: “Drei Tage und ein Leben”
Antoine ist frustriert. Seitdem Kevin eine Playstation bekommen hat und die Jungs ihre Nachmittage auf dem Sofa verbringen, ist er alleine. Seine Mutter möchte nicht, dass er zockt.
Wütend verbringt er seine Nachmittage im Wald, denn dort haben er und seine Freunde die Zeit bisher verbracht. Aber alleine macht es keinen Spaß.
Der Einzige, der bei ihm ist, ist der kleine Rémi aus der Nachbarschaft. Schließlich brennen Antoines Sicherungen durch: Er schlägt mit einem Stock um sich und trifft dabei Rémi.
Der sich plötzlich nicht mehr bewegt.
Für seinen Roman “Wir sehen uns dort oben” , der mich vollkommen begeistert hat, hat Pierre Lemaitre den wichtigsten Literaturpreis Frankreichs erhalten, den Prix Goncourt.
Er kann einfach schreiben. Das beweist er in „Drei Tage und ein Leben“ erneut.
Neil Smith: “Das Leben nach Boo”
Boo ist 13 Jahre alt, als er eines Tages in einer fremden Welt aufwacht, in der ausschließlich Jugendliche leben, die nicht älter werden. Nach kurzer Recherche stellt sich heraus, dass Boo im Himmel ist. Allerdings hätte er sich niemals vorstellen können, dass es dort keine Süßigkeiten gibt, da sie schlecht für die Zähne sind.
Weshalb er gestorben ist, weiß er jedoch nicht und versucht dies nun herauszufinden.
Bei diesem Buch hatte ich zunächst so meine Zweifel. Himmel, Jenseits, ich weiß nicht. Neil Smith hat mich jedoch mit seinen abgefahrenen Einfälle und einer großen Portion trockenen Humor überzeugt.
Takis Würger: “Der Club”
Hans ist mittellos und erhält ein Angebot, das er nicht ablehnen kann. Er bekommt ein Stipendium für Cambridge – unter einer Bedingung: Er soll herausfinden, was im legendären Pitt-Club vor sich geht.
Ein Pageturner, der einfach Spaß macht.
Joachim Meyerhoff: “Die Zweisamkeit der Einzelgänger”
Joachim hat sein Studium an der Schauspielschule beendet und ein Engagement in Bielefeld erhalten. Der Hit ist es zwar nicht, doch als er die eloquente Hanna kennenlernt ändert sich dies. Er verliebt sich in sie.
Als er nach Dortmund ans Theater wechselt, lernt er die Tänzerin Franka kennen und von nun an bestimmen gleich zwei Frauen sein Leben.
Kann das gut gehen?
Seit ich “Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war” und “Diese Lücke, diese entsetzliche Lücke” gelesen habe, bin ich ein Joachim-Meyerhoff-Fan.
Kein Wunder also, dass “Die Zweisamkeit der Einzelgänger” ebenfalls eines meiner Jahreshighlights ist.
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